Achtes von zehn Kindern des aus Hamburg zugezogenen Zuckerbäckers und Spezereihändlers Zacharias Ludwig P. (1708-1754) und dessen Ehefrau Susanna Lucretia, geb. Christen (auch: Christ; 1714-1779), Tochter des Ffter Schneiders Johann Nicolaus Christen (auch: Christe, Christ; 1669-1714). Über seine Großmutter mütterlicherseits, eine geborene Heuß, war P. mit dem Speyerer Maler Johann Georg Dathan (1701-1749) verwandt. Verheiratet (seit 1776) mit Margaretha Rosina P., geb. Müller (1745-1822), Tochter des Handelsmanns Johann Peter Müller aus Landau/Pfalz. Sieben Kinder, von denen drei das Erwachsenenalter erreichten.
Das Wohn- und Geschäftshaus der Eltern lag gegenüber der Judengasse an der Bockenheimer Pforte (Lit. H 18), wo der ältere Bruder Johann Georg P. (1743-1793) das Konditoreigeschäft des früh verstorbenen Vaters Zacharias Ludwig P. weiterführte. Zur Ausbildung von Johann Valentin P. ist nichts Näheres bekannt. Am 25.3.1774 erwarb er als Konditor das Ffter Bürgerrecht. 1778 betrieb P. sein Geschäft am Flarmaulsgässchen nahe der Katharinenpforte. Spätestens 1784 zog er in das stattliche Haus Zeil Lit. D 202 (später Nr. 51), das gegenüber dem Roten Haus, einem der führenden Gasthäuser der Stadt, lag. Mit dieser Adresse verbinden sich die lobenden Erwähnungen des Konditoreigeschäfts, das über die Grenzen Fft.s hinaus bekannt war und offensichtlich florierte. Hier präsentierte der Konditor 1792 zur Kaiserwahl von Franz II. (1768-1835) auch einen großen allegorischen Tafelaufsatz aus „fester farbiger Massa“, zu dem er ein selbstverfasstes Huldigungsgedicht, das seine kaisertreue Gesinnung zum Ausdruck bringt, drucken ließ („Kurze Beschreibung einer grossen allegorischen Vorstellung zu Ehren des Allerdurchlauchtigsten Erzhauses Oesterreich“, Ffm. 1792).
Vermutlich seit dem letzten Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts besaß P. einen großen Garten samt Gartenhaus an der Bockenheimer Chaussee, der zwischen den heutigen Parallelstraßen Unter- und Oberlindau angesiedelt war (Gewann XI, Nr. 242). Das Aussehen des Anwesens ist durch eine Beschreibung von
Bettine Brentano überliefert, deren Stiefbruder
Franz Brentano den Garten für den Sommer 1806 mietete.
Der finanzielle Aufstieg P.s zeigt sich auch daran, dass er laut einem Aktenvermerk 1815 (in: ISG, Senatssuppl. 43/55) 1815 den Höchststeuersatz zahlte und bei seinem Tod 1821 seiner Tochter Johanna Rosina, verh. Sänger, über 25.000 Gulden vermachte, während sich die beiden Söhne die Immobilien teilten.
Bedeutung erlangte P. vor allem als Kunstsammler, wobei er eine Sonderstellung einnimmt: Als Konditor gehörte er zwar dem Handelsstand an, aber nicht – wie die meisten anderen Sammler in Ffm. – der großbürgerlichen Elite oder dem Geldadel. P. begann vermutlich in den 1780er Jahren mit dem Aufbau seiner Sammlung, deren erste Erwähnung bei
Hüsgen 1790 dokumentiert ist und deren Ausmaße der Auktionskatalog von 1829 vermittelt. Größere Einheiten waren eine 812 Bilder umfassende „Sammlung kleiner Oelgemälde“ (das heute so genannte „Prehn’sche Miniaturkabinett“), eine 332 Bilder zählende „Sammlung grösserer Oelgemälde“, das aus acht Klappkästen mit über 160 Einzelobjekten bestehende „Kleine Kabinett“, 271 Gouachegemälde, 1.156 Druckgrafiken (sortiert nach Schulen und innerhalb dieser alphabetisch nach Künstlern), 3.544 teils thematisch geordnete Druckgrafiken in Umschlägen, 127 Email-Malereien, 183 Eisen- und Zinnarbeiten (Medaillons) sowie 142 antike römische Münzen. Hinzu kamen Miniaturen, Handzeichnungen, Glasmalereien, florentinische Mosaike, Silber- und Bronzearbeiten, Perlmuttarbeiten bzw. Muschelschnitte etc. Nicht aufgenommen in den Katalog wurden ethnografische Objekte aus Südamerika, ausgestopfte Vögel, Mineralien sowie die reiche Sammlung von Dresdener (Meißener) und anderem Porzellan. Die umfangreiche Universalsammlung verrät, dass P. eher in die Breite als in die Tiefe sammelte. Die Präsentation im Haus an der Zeil entsprach allerdings mitnichten einer altertümlichen Kunst- und Wunderkammer, sondern definierte einen Raum klar als Bildergalerie. Deren Aussehen hat
Carl Morgenstern 1829 in einer aquarellierten Zeichnung festgehalten (HMF, Inv.-Nr. B0639).
Eine der wohl außergewöhnlichsten Gemäldezusammenstellungen des 18. Jahrhunderts ist das „Prehn’sche Miniaturkabinett“ mit über 800 Gemälden in 32 klappbaren Kästen. Die Anregung zu dieser Sammelaufgabe und Präsentationsform hatte P. 1799 von seinem Nachbarn, dem Maler und Restaurator
Johann Ludwig Ernst Morgenstern, erhalten, der seit 1785 im Haus Lit. D 203 wohnte. Das „Miniaturkabinett“ vereint erstklassige wie minderwertige Gemälde (Originale, Fragmente sowie Kopien nach Druckgrafiken und Gemälden) in einer sehr persönlichen, teils humorvollen barocken Pendanthängung. Auch das berühmte „Paradiesgärtlein“ (Oberrheinischer Meister, um 1420) gehörte ursprünglich dazu.
Die meisten Gemälde in der Sammlung P.s (sowohl Groß- wie Kleinformate) stammten von deutschen Künstlern des 17. und 18. Jahrhunderts. Besonders gut vertreten war die Ffter Schule mit Werken von lokalen Künstlern wie
Johann Ludwig Ernst Morgenstern,
Johann Friedrich Morgenstern,
Nothnagel,
Pforr,
Schütz,
Seekatz und
Trautmann. Dann folgten Werke holländischer und flämischer Künstler, vornehmlich des 16. und 17. Jahrhunderts. Italiener und Franzosen waren in allen Sammlungsbereichen unterrepräsentiert. Damit unterscheidet sich der P.’sche Gemäldebestand nicht wesentlich von anderen zeitgenössischen Gemäldekabinetten. Einige für die Ffter Stadtgeschichte bedeutsame Porträts mögen für ein ausgeprägtes historisches Interesse P.s sprechen, so das Porträt des Friedrich Faut von Monsperg (auch: Monsberg; 1485; HMF, Inv.-Nr. B0633), das angebliche Bildnis des
Vinzenz Fettmilch (1616; HMF, Inv.-Nr. B0634) und das Porträt des
Johann Friedrich Armand von Uffenbach (1746; HMF, Inv.-Nr. B0604).
P. besaß zahlreiche Kontakte zu künstlerischen und intellektuellen Kreisen durch seine Mitgliedschaft im Ffter „Museum“, einer Vereinigung zum Austausch über alle Gebiete der Literatur, Kunst und Musik, der er seit der Gründung 1808 in der Klasse der Künstler angehörte. Noch 1808 konnte er somit die umfangreiche
Dürer-Sammlung
Henrich Sebastian Hüsgens inklusive der berühmten
Dürer-Haarlocke an den ebenfalls im Ffter „Museum“ engagierten
Fritz Schlosser vermitteln.
Als Konditor beherrschte P. berufsbedingt das freiplastische Formen (Bossieren). Von seiner Hand stammt u. a. ein Schränkchen mit Wachsreliefs (1785; Privatbesitz). Darüber hinaus fertigte P. die Rahmen für die Bilder des „Miniaturkabinetts“ und für einige der großformatigen Gemälde seiner Sammlung mittels Ornamentgussformen und einer Modelliermasse aus Kreide, Gips und Tragant selbst an.
Ölporträts von unbekannter Hand (um 1810; im Besitz des HMF, Inv.-Nr. B0638) und von Emil Gion (um 1870) nach Johann Jacob de Lose (1807; im Besitz des HMF, Inv.-Nr. B.1963.06).
P.s Söhne Johann Friedrich (1778-1848) und Ernst Friedrich Carl P. (1780-1834) wurden beide Konditor und führten das Konditoreigeschäft auf der Zeil fort; sie blieben zeitlebens ledig. Ernst Friedrich Carl P. betreute und vermehrte das „Prehn’sche Miniaturkabinett“ weiter. P.s Tochter Johanna Rosina P. (1785-1865) heiratete 1809 den Apotheker Johann Heinrich Christoph Sänger (1770-1850) aus Königsee/Thüringen. Alle ihre vier Kinder starben in jungen Jahren.
Ein Großteil der Sammlung P.s wurde in einer Versteigerung am 21.9.1829 veräußert. Die Naturalia waren zuvor schon als Schenkung in das neu entstehende naturkundliche Senckenbergmuseum gelangt. 1839 akzeptierte der Senat der Stadt Ffm. die Schenkung des (inzwischen um fast 70 Bilder erweiterten) „Prehn’schen Miniaturkabinetts“ durch die Erben. Es wurde von
Johann David Passavant neu geordnet und in einem Katalog beschrieben sowie im Gebäude der Stadtbibliothek öffentlich ausgestellt. Zwischen 1835 und 1865 gelangten 40 größere Gemälde aus dem Nachlass P.s als Schenkung von Ernst Friedrich Carl P. bzw. Johanna Rosina Sänger an die Stadt. 1878 kamen die im städtischen Besitz befindlichen Stücke an das neugegründete Historische Museum. Das „Prehn’sche Miniaturkabinett“ (unter Rekonstruktion der Holzkästen und der Anordnung der Bilder) ist seit 2012 Teil der Dauerausstellung „Ffter Sammler und Stifter“ des HMF, wobei neun Kästen ständig, die übrigen bei Bedarf sichtbar sind. Das „Paradiesgärtlein“ befindet sich seit 1922 als Dauerleihgabe im Städelschen Kunstinstitut (heute: Städel Museum). Einige der großformatigen Gemälden werden in der Dauerausstellung des HMF präsentiert. Die ethnografischen Objekte verwahrt das Weltkulturenmuseum. Etwa 60 Auktionskataloge von Ffter Kunstversteigerungen zwischen 1763 und 1831 aus dem Bestand der Familie P., teils mit Annotationen von Ernst Friedrich Carl P., besitzt die UB Ffm.
2021/22 Kabinettausstellung „Prehns Bilderparadies. Die einzigartige Gemäldesammlung eines Ffter Konditors der Goethezeit“ im 13. Sammlerraum des HMF.
.
Frankfurter Biographie 2 (1996), S. 150f.,
.