Guten Tag, liebe Leserinnen und Leser,
das „Neue Frankfurt“ liegt im Trend. Zahlreiche Initiativen, Projekte und Präsentationen beschäftigen sich derzeit, nicht nur aus historischer Sicht, mit dem Gesamtkonzept für das moderne Leben in der Großstadt, das Stadtbaurat Ernst May und seine Mitarbeiter im Frankfurt der späten 1920er Jahre zu realisieren versuchten. Manche aus Mays Team, die mittlerweile in Vergessenheit geraten waren, traten erst durch die Forschungen jüngster Zeit aus dem Schatten der Vergangenheit und damit ihres Vorgesetzten. Auch unser Artikel des Monats stellt wieder eine Persönlichkeit aus dem Kreis der Protagonisten des „Neuen Frankfurt“ vor, die bis vor kurzem nur wenig Beachtung in der Stadtgeschichtsschreibung fand.
Artikel des Monats Februar 2018:
Lenkerin des Blicks auf die moderne Stadt
Sie setzte das „Neue Frankfurt“ ins Bild: Grete Leistikow. Die ausgebildete Fotografin aus Breslau folgte im Frühjahr 1927 ihrem Bruder nach Frankfurt, dem Grafiker Hans Leistikow, dem Ernst May die Leitung des grafischen Büros der Stadt übertragen hatte. Zusammen mit ihrem Bruder gestaltete Grete Leistikow künftig die Zeitschrift „Das Neue Frankfurt“, die einer breiteren Öffentlichkeit die Ideen des modernen großstädtischen Lebensprogramms vermitteln sollte. Auch lieferte Grete Leistikow, die eine eigene „Photographische Werkstatt“ im Haus ihres Bruders in Ginnheim betrieb, zahlreiche Fotos von den neuen Bauten jener Zeit, womit sie den Blick auf das „Neue Frankfurt“ prägte. Bald nach der Heirat mit dem Architekten Werner Hebebrand 1930 gab sie jedoch ihren Beruf auf.
Lesen Sie mehr >
In der aktuellen Lieferung beschäftigen sich übrigens zwei weitere Artikel mit Mitarbeitern aus Mays Stab für das „Neue Frankfurt“, mit dem Werbegrafiker Werner Epstein, einem Schüler Leistikows, der Drucksachen für die städtische Verwaltung und viele andere Auftraggeber in jener Zeit entwarf, und insbesondere mit dem Baumeister Carl-Hermann Rudloff, dem Chefarchitekten der Aktienbaugesellschaft für kleine Wohnungen und ihrer Tochtergesellschaften, der für einige wichtige Siedlungsbauten der Ära May verantwortlich zeichnete.
Weshalb das „Neue Frankfurt“ gerade im Blickpunkt der Stadtgeschichtsforschung steht, darüber ließe sich trefflich philosophieren. Im Widerspiel traditioneller und moderner Kräfte, das die Entwicklung der Stadt Frankfurt von jeher bestimmte, erscheint es kaum verwunderlich, dass die Rückbesinnung auf das „Neue Frankfurt“ parallel verläuft zum Bau einer neuen Altstadt.
Oft lässt es sich jedoch viel prosaischer erklären, warum ein stadthistorisches Thema Konjunktur hat. Meist steht ein Gedenktag an, den es aus verschiedensten Gründen zu nutzen gilt. Momentan werden der 100. Geburtstag des Bauhauses 2019 und der 100. Jahrestag des Amtsantritts von Ernst May in Frankfurt 2025 vorbereitet.
Vor 20 Jahren feierten wir das „Paulskirchenjubiläum“: Damals, im Frühjahr 1998, wurde an die Eröffnung der Nationalversammlung, des ersten freigewählten deutschen Parlaments, in der Frankfurter Paulskirche vor 150 Jahren gedacht. Zur 75-Jahr-Feier der Nationalversammlung 1923 war Reichspräsident Friedrich Ebert nach Frankfurt gekommen. Wie er hier aus diesem Anlass eine eindrucksvolle Demonstration für die Demokratie und damit vielleicht den Höhepunkt seines politischen Wirkens erlebte, können Sie in dem neu bearbeiteten Artikel über Ebert und seine Frankfurter Biographie nachlesen.
Eine andere, eher unbekannte Episode aus der Stadtgeschichte erzählt der Beitrag über den Dichter und Schriftsteller Wassili Andrejewitsch Schukowski, den Begründer der russischen Romantik, der auf der Suche nach gesundheitlicher Erholung eine Weile in Frankfurt wohnte. Ein beschauliches Domizil für sich und seine Familie fand er in einem Landhaus am Main, der heutigen Villa Metzler des Museums Angewandte Kunst – bis ihn die Revolution von 1848 nach Baden-Baden weiterwandern ließ.
Wenn Sie Entspannung suchen sollten, dann gönnen Sie sich doch einfach die Lektüre im Frankfurter Personenlexikon. Hier finden sich genug interessante Geschichten, die Sie vom Alltag abschalten lassen.
Mit besten Empfehlungen
Sabine Hock
Chefredakteurin des Frankfurter Personenlexikons
P. S. Die nächste Artikellieferung erscheint am 10. März 2018.