Erstes Kind des Bankiers
Johann Philipp Bethmann (1715-1793) und dessen Ehefrau Catharina Margaretha, geb. Schaaf (1741-1822). Von ihren fünf jüngeren Geschwistern erreichten drei das Erwachsenenalter: der einzige Bruder
Simon Moritz (1768-1826) sowie die beiden Schwestern Maria Elisabeth (seit 1790 in erster Ehe verh. Bußmann, seit 1797 in zweiter Ehe verh. de Flavigny, 1772-1847) und Sophie Elisabeth (seit 1792 in erster Ehe verh. de Luze, seit 1802 in zweiter Ehe verh. von Mettingh, 1774-1862). Verheiratet (seit 15.8.1780) mit dem Bankier
Johann Jacob Hollweg (1748-1808), der den Namen seiner Frau annahm, zunächst in der Form „Bethmann gen. Hollweg“, später (vor allem unter den Nachkommen) als Doppelname „Bethmann-Hollweg“. Vier Kinder:
Anna Elisabeth (seit 1800 verh. Grunelius, 1781-1850), Johann Philipp (1791-1812), Margarethe (auch: Margaretha) Louise (seit 1810 verh. von Saint-George, 1793-1831) und
Moritz August (1795-1877).
Nach der Heirat trat
Johann Jacob B.-H. zum 1.7.1781 als Teilhaber in das Bankhaus Gebrüder Bethmann ein, in dem er zum wichtigen Ratgeber für den jüngeren Schwager und aufstrebenden Bankherrn
Simon Moritz B. wurde. Als Wohnsitz für sich und seine Familie erwarb
Johann Jacob B.-H. zwei Häuser im Großen Hirschgraben, 1784 das Passavant’sche Haus (Lit. F 67 bzw. später Nr. 13) und 1792 dessen Nachbargebäude (Lit. F 66 bzw. später Nr. 11), die er abreißen und durch ein palastartiges Wohnhaus mit Marmorsaal ersetzen ließ. Seine Frau Susanna Elisabeth B.-H., die als gebildet und geistvoll galt und offenbar sehr kulturinteressiert war, sorgte dafür, dass das Stadthaus der Familie zu einem Zentrum des Ffter geselligen Lebens wurde.
Catharina Elisabeth Goethe, die ihrem
Sohn in einem Brief vom 17.12.1796 über die „erstaunliche Wirckung“ berichtete, die dessen Roman „Wilhelm Meisters Lehrjahre“ in Ffm. machte, nannte Susanna Elisabeth B.-H. („die Hollweg“) als die erste unter den Ffter Leserinnen und Lesern, die „mit Schmertzen“ auf die Fortsetzung des Romans mit dem fünften Teil warteten. Als Erzieher („Hofmeister“) für die beiden Söhne in der Familie B.-H. diente ab 1798 der Geograf
Carl Ritter, mit dem die Hausfrau vor allem nach dem Wegzug der Söhne unter seiner Begleitung ab 1811 im Austausch stand; auch mit
Pestalozzi war B.-H. bekannt. Mit der Malerin und Kupferstecherin
Ursula Reinheimer, geb. Prestel, soll sie Italienreisen unternommen haben. B.-H. selbst war zeichnerisch begabt; aus dem Jahr 1778 (also noch aus der Zeit vor ihrer Ehe) ist eine Radierung mit einer Ansicht von Bonn und dem Riesengebirge von ihr nachgewiesen.
B.-H. engagierte sich für die Verbesserung der sozialen Verhältnisse in den Ffter Dörfern, insbesondere in Oberrad. Dort hatte die Familie B.-H. ihren Sommersitz im Alten Schwanen, eine Villa an der heutigen Offenbacher Landstraße mit umliegenden Wiesen und Feldern. Auf diesem Anwesen, in einem Gesindehaus an der Speckgasse, richtete B.-H. im Sommer 1828 eine Kleinkinderschule ein, in der Mädchen im Alter von etwa drei bis sieben Jahren betreut wurden, vor allem aus den ortsansässigen Gärtnerfamilien, die sich während der Feldarbeit nicht um die kleinen Kinder kümmern konnten. Als B.-H. 1831 starb, übernahm ihre ältere Tochter
Anna Grunelius die Förderung der Kleinkinderschule und sicherte finanziell deren Fortbestand, nun in einem eigenen (wohl noch aus den Mitteln der Gründerin erworbenen) Gebäude im Hansenweg 19. Das Engagement für die Schule wurde später in der Familie fortgeführt von
Elisabeth Grunelius, geb. von Saint-George, einer Enkelin von Susanna Elisabeth von B.-H. sowie Nichte und Schwiegertochter von
Anna Grunelius. Sie ermöglichte zusammen mit ihrer Tochter Anna
Louise Metzler, geb. Grunelius (1839-1888), einen Neubau der Kleinkinderschule in der Bleiweißstraße 15/Ecke Gruneliusstraße 81, der im Oktober 1878 eingeweiht wurde. Die Bethmann-Hollweg-Kleinkinderschule, die mit landesherrlicher Genehmigung von 1910 in eine Stiftungsschule umgewandelt wurde und seitdem auch Knaben aufnahm, bestand wahrscheinlich bis zu dem schweren Luftangriff auf Oberrad im Oktober 1943, auch wenn das eigene Schulhaus bereits 1942 an die NS-Volkswohlfahrt verkauft werden musste.
1831 wurde B.-H. unter die Ewigen Mitglieder der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft aufgenommen, weil sie die Bauten des 1821 eröffneten Senckenbergmuseums (vermutlich dessen 1829/30 entstandenen östlichen Anbau) besonders gefördert hatte. In ihrem in Paris errichteten Testament vom 8.10.1824 (mit einem früheren Kodizill von 1813 und einem Nachtrag von 1830) bestimmte B.-H. insgesamt 6.500 Gulden für wohltätige Zwecke, u. a. für den bürgerlichen und den lutherischen Almosenkasten, das Hospital zum heiligen Geist, das Armenhaus, das Kastenhospital, das Senckenbergische Bürgerhospital, die Niederländische Gemeinde und das Versorgungshaus sowie für den Ffter Frauenverein, dessen Vorstand sie mit der Zuständigkeit für das „Dörferfach“ von 1815 bis 1817 angehört hatte.
Der ältere Sohn Johann Philipp B.-H., der eigentlich zum Geschäftsnachfolger im Bankhaus Gebrüder Bethmann vorgesehen war, starb 1812 während einer Bildungsreise in Italien und wurde in Livorno begraben. Die bereits verwitwete Mutter gab im Mai 1813 ein Epitaph für ihn bei dem dänischen Bildhauer
Bertel Thorvaldsen in Auftrag. Das dreiteilige Marmorrelief, das
Thorvaldsen 1816 vollendete, wurde zwischen 1830 und 1832 in der Familiengruft auf dem neuen Ffter Hauptfriedhof angebracht (Gruftenhalle, Gruft 1 = nördlicher Pavillon; Original des Epitaphs aus konservatorischen Gründen seit 1977 im Liebieghaus aufbewahrt und vor Ort durch Kopie ersetzt). In einer Lünette über dem Mittelteil des Marmorfrieses befindet sich eine ebenfalls marmorne Porträtbüste von Susanna Elisabeth B.-H., geschaffen von
Eduard Schmidt von der Launitz (um oder nach 1831).
Während der jüngere Sohn
August (von) B.-H. sich den Rechtswissenschaften zuwandte und bis zum preußischen Staatsminister aufstieg, heirateten beide Töchter befähigte Kaufleute, die in das Bankhaus Gebrüder Bethmann eintraten:
Anna Elisabeths Ehemann
Joachim Andreas Grunelius als Teilhaber von 1801 bis 1823 und Margarethe Louises Ehemann
Johann Georg Konrad von Saint George als Teilhaber von 1811 bis 1832.
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