Sohn des Sachsenhäuser Kaufmanns Johann Hartmann T. (1750-1784) und dessen Ehefrau Anna Margaretha, geb. Eyßen (1753-1794). Neffe des Juweliers und Politikers
Georg Steitz (1756-1819). Verheiratet in erster Ehe (seit 1812) mit Marie Anna, gen. Nanny, T., geb. Feurer (1786-1815), einer Arzttochter aus Würzburg, in zweiter Ehe (seit 1819) mit
Anna Rosina Magdalena, gen. Rosette, T., geb. Willemer, verw. Städel (1782-1845), der ältesten Tochter des Ffter Bankiers
Johann Jakob (von) Willemer und Stieftochter von Marianne von Willemer. Keine Kinder aus erster Ehe. Fünf Kinder aus zweiter Ehe: Johann
Jacob T. (1819-1842), die Zwillingstöchter Maria Anna Catharina Theresia T. (seit 1843 verh. von Lersner, 1821-1867) und Amalie Henriette Magdalena, gen. Meline, T. (seit 1844 verh. Türk, 1821-1854), Justus Hartmann T. (12.7.1822-25.7.1822),
Maximiliane (auch: Maximiliana) Eleonore T. (seit 1850 verh. Franul von Weißenthurn, 1825-?). Enkelin: Maximiliane von Weißenthurn (1851-1931), österreichische Schriftstellerin.
Der Vater war bereits vor T.’ Geburt gestorben. Die Mutter heiratete in zweiter Ehe am 4.7.1785 den Sachsenhäuser Handelsmann Johann Hartmann Lindheimer (1753-1824) und starb, als T. neun Jahre alt war (27.4.1794). Von 1794 bis 1798 Schüler des städtischen Gymnasiums. Bis 1802 Besuch der Friedberger Augustinerschule. Deren Rektor Christian Theodor Roth (1766-1848) wird von T. in einem Brief an die Brüder Grimm als sein „Erzieher“ bezeichnet. Seit 1802 Jurastudium, zunächst in Gießen (1802-05), anschließend in Würzburg (1805-07). Dort Schelling gehört. Nach der Promotion 1807 Rückkehr nach Ffm. und Tätigkeit als Anwalt, vor allem als juristischer Beistand („Rechtsconsulent“) wohltätiger Stiftungen. Auf Vermittlung seines Onkels, des nunmehrigen Geheimen Finanzrats und späteren Staatsrats
Georg Steitz, trat T. im Juni 1808 in den Ffter Staatsdienst ein und wurde beim städtischen Archiv beschäftigt. Er wurde im Oktober 1808 von Fürstprimas Carl Theodor von Dalberg zum Zweiten Archivar ernannt und war dann ab 1.1.1813 als Präfektur-Registrator in der großherzoglichen Verwaltung tätig. Zum 1.1.1814 in das Amt des Archivars zurückgekehrt, wurde T. im Juni 1815, im Zuge der Konstituierung Fft.s als Freie Stadt, zum Ersten Archivar und zum Ratsschreiber (Sekretär der Senatskanzlei) ernannt.
Am 28.8.1816 wurde T. zum Senator der Freien Stadt Ffm. gewählt. Von 1817 bis 1820 und 1827 Mitglied des Engeren Rats. Von 1818 bis 1832 (mit Unterbrechungen) Mitglied der Gesetzgebenden Versammlung. 1824 und 1829 Jüngerer Bürgermeister. Seit 1831 Schöffe. 1832, 1835 und 1838 Älterer Bürgermeister (T. starb während der letzten Amtszeit an einem Schlaganfall). Als Senator nahm T. regen Anteil an den Justiz- und Verwaltungsgeschäften der Stadt. Von 1816/17 bis 1820 Senatsdeputierter für das Polizeiamt und das Polizeigericht. Von 1821 bis 1823 Senatsdeputierter im evangelisch-lutherischen Konsistorium. Von 1821 bis 1823 Stadtgerichtsrat. Am 26.11.1821 entging T. einem politischen Attentatsversuch von Carl Ludwig Hahn (1785-1856). Von 1825 bis 1833 Senatsdeputierter bei der Stadtkämmerei. Von 1831 bis 1833 Senatsdeputierter beim Rechneiamt. Um 1832/34 Appellationsgerichtsrat. Von 1833 bis 1836/37 Syndikus. Von 1833 bis 1837 Bundestagsgesandter der Freien Stadt Ffm. Von 1834 bis 1836 Mitglied der Archiv- und Bibliotheksinspektion. Als Syndikus war T. mit der Untersuchung des Ffter Wachensturms von 1833 beauftragt. Außerdem vertrat er die Stadt bei der Aufnahme in den Mitteldeutschen Handelsverein 1828 und in den Preußischen Zollverein 1836.
Seit seiner Jugend war T. eng befreundet mit dem Arzt, Frühgermanisten und Büchersammler
Georg Kloß und dem Lokalhistoriker
Benedict Römer-Büchner. Langjährige Freundschaften bestanden zudem mit dem Kaufmann und Stadtpolitiker
Gottfried Scharff und dem Pelzhändler Leopold Stein (1782-1836), wie sich auch in einem am 8.10.1815 in Ffm. gezeichneten Dreierporträt von Ludwig Emil Grimm zeigt (Radierung, 1815), sowie mit dem für die Ffter Wissenschaftsgeschichte bedeutenden Bibliothekar und Historiker
Johann Friedrich Böhmer. An den Wiener Historiker Joseph Chmel (1798-1858) schreibt
Böhmer 1839: „An unserem Bürgermeister Thomas habe ich hier meinen besten Freund verloren. Wir bewohnten beide benachbarte Gärten, kamen fast täglich zusammen, stimmten in religiösen und politischen Ansicht durchaus überein, hatten in geschichtswissenschaftlicher Hinsicht dieselben Liebhabereien. Er war einer der wohlwollendsten und liebenswürdigsten Menschen.“ (Zit. nach Janssen: Johann Friedrich Böhmer 1868, Bd. 2, S. 267.)
In Ffm. war T. außerdem u. a. bekannt mit den Familien
Guaita, Leonhardi,
Schlosser und
Brentano, mit der herausragend belesenen und mit den Brentano-Geschwistern befreundeten Fabrikantentochter Anna Charlotte, gen. Lotte, Servière (1773-1862) sowie der Erzieherin der Brentano-Kinder, Claudine Piautaz (1772-1840), die beide in T.’ Briefwechsel mit den Grimms regelmäßig Grüße und Dankesworte für übersandte Bücher ausrichten lassen. Von
Achim von Arnim vermittelt, hatte T. im Januar 1812 Kontakt zu
Jacob Grimm aufgenommen. Die enge Freundschaft zwischen ihm und den Brüdern
Jacob und
Wilhelm Grimm reichte bis zum Tod des Frankfurters. Die Briefkorrespondenz führte T.ʼ Witwe
Rosette noch einige Jahre fort. Auch zu anderen Persönlichkeiten der frühen Romantik stand T. im Kontakt, so zu
Achim von Arnim und
Clemens Brentano wie auch zu
Friedrich Carl von Savigny,
Joseph Görres, Johann Nepomuk von Ringseis und den Brüdern
Sulpiz und Melchior Boisserée. Bekannt war er zudem mit den Frühgermanisten Friedrich Heinrich von der Hagen, Johann Gustav Gottlieb Büsching, Bernhard Joseph Docen, Franz Joseph Mone und Helfrich Bernhard Hundeshagen sowie mit dem Arzt und Historiker Karl Joseph Hieronymus Windischmann und dem Arzt Nikolaus Heinrich Julius. 1827 machte T. auf einer Berlinreise kurz die Bekanntschaft mit Karl Lachmann und Leopold von Ranke; in einem Brief an
Jacob Grimm aus dem April 1827 bemerkt T. hierzu: „
Bettina hat mir unendlich genützt in Berlin, sie machte mich nämlich mit Vielen und bald bekannt, was ich ihr sehr danke.“
Gemeinsam mit
Kloß und
Römer-Büchner suchte T. seit den frühen 1810er Jahren in und um Ffm. nach mittelalterlichen Handschriften und alten Drucken. 1812 entdeckten sie die „Schwanritter“-Handschrift, deren Rettung ihnen zu verdanken ist (heute UB Ffm., Ms. germ. qu. 2). Während seiner Tätigkeit als Archivar besaß T., wie er am 17.1.1812 in seinem ersten einer Vielzahl von Briefen an
Jacob Grimm bemerkt, „Zugang zu den hiesigen alten Bibliotheken, besonders der ehemaligen Klöster“, wo er bereits „manches artige Manuscript gefunden“ habe. „Ich zähle hierzu eine Handschrift aus dem 15t Jahrh. vom Renner und dem Heldenbuch (…). Ich fand unter andern auch ein Manuscr. des 15t Jahrh. der sieben weisen Meister“, heißt es weiter. Letztere Handschrift wird heute in der UB Ffm. unter der Signatur Ms. praed. 91 aufbewahrt. Seit 1812 arbeitete T. an einer Edition der „Sieben weisen Meister“, ein Vorhaben, das er 1820 aufgrund seiner amtlichen Tätigkeit aufgeben würde.
Der Handschriftenfund bot T. 1812 den Anlass für die Kontaktaufnahme zu den Brüdern Grimm. Im Jahr darauf fertigte er für
Jacob Grimm eine Textvorlage zur Befreiung vom Militärdienst an. Ab 1814 fungierte T. als Vermittler zwischen den Grimms und deren Ffter Verleger Bernhard Körner (1776-1829). Seit Herbst 1814 war T. gewissermaßen Redakteur der Brüder Grimm bei deren Ausgabe des „Armen Heinrich“ sowie beim 2. und 3. Band der „Altdeutschen Wälder“ (1815/16). T. besorgte vor allem die stellenweise mühsame Korrektur der Druckbögen, organisierte Subskribenten und hielt den Kontakt zu Körner und den für den Verlag – teils nachlässig – arbeitenden Schriftsetzern. In einer Briefstelle an die Grimms aus dem August 1815 werden die ökonomischen und infrastrukturellen Herausforderungen frühgermanistischer Textausgaben erkennbar: „Ermüden wir nur nicht in unsern Bemühungen für die altd. Literatur. Es findet sich doch wohl Gelegenheit später noch, daß dieselbe irgendwo Schutz und Unterstützung finde.“
1826 veröffentlichte T. gemeinsam mit
Kloß eine dreibändige Zusammenstellung von Predigten des Mystikers Johannes Tauler („Johann Tauler’s Predigten. Nach den besten Ausgaben und in unverändertem Text in die jetzige Schriftsprache übertragen“, Ffm. 1826), ohne allerdings als Herausgeber im Buch genannt zu werden. Diese Arbeit hatte T. nach Aufgabe der „Sieben weise Meister“-Edition im Winter 1820 aufgenommen, nachdem er zuvor eine längere Rundreise zum Besuch süddeutscher Bibliotheken und zur Autopsie von Tauler-Handschriften gemacht hatte.
Ab den 1820er Jahren lud das Ehepaar T. an jedem Freitag zu einem Salonabend ein, über den
Böhmer bemerkt: „(...) jeder Abend war bei Thomas reich und gehaltvoll. Wir lasen gemeinsam alte und neue Werke über die Kunst, besahen Kupferwerke und Jeder gab sei Urtheil ab; wir trugen kleinere Aufsätze vor, verhandelten über die Gründung eines Kunstvereins u. s. w. und beriethen reiflich, in welcher Weise und mit welchen Mitteln die Kunst und der Kunstsinn in der Kaufmannstadt zu befördern sei.“ So las
Böhmer an einem Freitag 1825 Märchen von
Clemens Brentano. Der Ffter Kunstverein wurde 1829 von T. und
Böhmer gemeinsam mit dem Kunsthistoriker und Maler
Johann David Passavant gegründet.
Die Rolle von T. als Protagonist der Ffter Frühgermanistik einerseits und als lokal und überregional tätiger „Netzwerker“ in der Frühzeit literatur- und geschichtswissenschaftlicher Forschung andererseits wurde noch nicht hinreichend untersucht und gewürdigt. Eine gründliche Aufarbeitung seiner Briefwechsel wie seines schriftlichen Nachlasses steht noch aus.
Mitglied, 1812 Sekretär des Ffter „Museums“. Erster Ratgeber (Konsulent) des 1813/14 gegründeten Ffter Frauenvereins (bis Mai 1816). 1837 Gründer der „Gesellschaft für Frankfurts Geschichte und Kunst“ (seit 2003: Gesellschaft für Ffter Geschichte).
Weitere Veröffentlichungen: „Rede zur Gedächtnißfeier des verewigten Herrn
Johann Carl Brönner, Senators in Frankfurt am Mayn (…). Vorgetragen im Museum zu Frankfurt am 22. Januar 1813“ (1813), „Der adelichen Gesellschaft Alt-Limpurg angesprochenes Recht auf eine bestimmte Zahl von Stellen in dem Senate der freien Stadt Frankfurt“ (1817), „Ältestes Frankfurter Stadtrecht von 1297“ (in: Wetteravia, hg. von
Johann Carl von Fichard, 1828), „Verzeichnis der nach Frankfurter Recht erteilten Stadt- und Marktrechte. Verzeichnis der Städte und Dörfer, welche ihren Oberhof zu Frankfurt hatten. Verzeichnis der Orte, welche Burgrecht oder Burglehen zu Frankfurt hatten“ (in: Wetteravia, hg. von
Johann Carl von Fichard, 1828), „Ueber die Entstehung des Strafrechts in Deutschland“ (anonym erschienen in: Archiv für Geschichte und Literatur, hg. v.
Friedrich Christoph Schlosser u. Gottlob August Bercht, 1831), „Frankfurter Annalen, vom Jahr 793 bis zum Jahr 1300. Aus Quellenschriftstellern und Urkunden“ (1838; auch als Band des „Archivs für Fft.s Geschichte und Kunst“, 1839), „Der Oberhof zu Frankfurt am Main und das fränkische Recht in Bezug auf denselben“ (aus dem Nachlass hg. v.
Ludwig Heinrich Euler und bevorwortet von
Jacob Grimm, 1841).
Marmorbüste (von
Johann Nepomuk Zwerger, 1838; wohl kriegszerstört 1944) in der Vorhalle der alten Stadtbibliothek am Obermaintor.
Grabstätte ursprünglich auf dem alten Sachsenhäuser Friedhof, nach Translozierung 1898 auf dem Südfriedhof (Gewann A/adM 57-59).
Der Nachlass von T. befindet sich in der UB Ffm. und ist weitgehend unausgewertet. Teile des Nachlasses wurden 1886 vom Stadtarchiv erworben und 1894 von der damaligen Stadtbibliothek an das Stadtarchiv abgegeben, wo sie im Zweiten Weltkrieg verbrannt sind.
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Frankfurter Biographie 2 (1996), S. 474,
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