Auch: Staedel, Stedel.
Die ursprünglich aus Ulm kommende Familie war seit dem Ende des 15. Jahrhunderts in Straßburg ansässig, wo sie durch den Spezereihandel zu Ansehen und Einfluss kam. Seit 1598 stellten die S. achtmal den Straßburger Stättmeister. Später übersiedelten zwei Zweige der Kaufmannsfamilie nach Ffm., das als Handelszentrum und Messestadt für sie attraktiv war.
Bereits um 1675 ließ sich der Handelsmann Johann Wilhelm S. (1654-1705), Sohn des Buchdruckers, Senators und regierenden Ammeisters Josias S. (1627-1700) in Straßburg, in Ffm. nieder. Er hielt sich in Geschäften so häufig in der Mainstadt auf, dass der genaue Zeitpunkt seiner dauerhaften Niederlassung hier nicht zu bestimmen ist. Spätestens seit 1697 lebte er als Beisasse ständig in Ffm. So ließ er sich 1703 Passierscheine zur Verschickung großer Mengen Tabak und Juchten nach Süddeutschland und in die Schweiz erteilen. Kurz nach dem Tod von Johann Wilhelm S. heiratete dessen Sohn, der Handelsmann Isaac (auch: Isaak) S. (1682-1739), im Sommer 1705 die Zuckerbäckerstochter Maria Catharina Freydhoff (auch: Freythoff; 1683-1713), deren Familie vor mehr als 100 Jahren aus Antwerpen nach Ffm. gekommen war; später (1723) ging er als Witwer eine zweite Ehe ein, mit Anna Margareta Sparr (1681-1763), Tochter des Einhornapothekers Johann Henrich (auch: Heinrich) Sparr. Als die
Familie von Lersner konkursbedingt die zum Rebstock gehörenden Gebäude zu verkaufen begann, hatte Isaac S. eines der Häuser (später: Kruggasse 3) als Wohn- und Geschäftssitz erworben. Außerdem besaß er den nach der Familie benannten S.’schen Hof am Allerheiligentor, der möglicherweise schon seinem Vater gehört hatte (dort bis heute die Straße „Am Städelshof“). Mit Isaac S.s einzigem Sohn, dem Bürger und Handelsmann Johann Philipp S. (1710-1751), der in kinderloser Ehe mit der Bierbrauerstochter Anna Sibylla S., geb. Pettmann (seit 1752 in zweiter Ehe verh. Haußmann, 1704-1774), verheiratet war, starb 1751 dieser Zweig der Familie in Ffm. aus.
Inzwischen waren Mitglieder einer jüngeren Linie der Familie in Ffm. zugewandert, die Brüder Johann Daniel (1696-1777) und Johann Carl (auch: Karl) S. (1706-1748), die vermutlich jeweils nach ihrer Heirat mit einer Ffter Bürgerstochter (1719 bzw. 1730) endgültig nach Ffm. übersiedelten. Im Juni 1719 heiratete Johann Daniel S., damals im Traubuch noch als „Handelsmann zu Straßburg“ bezeichnet, in Ffm. Maria Dorothea Petzel (1701-1778), eine Tochter des vermögenden Ffter Bürgers und Handelsmanns Johann Adam Petzel, die mit der
Familie Uffenbach verschwägert war. Wohl kurz darauf errichtete Johann Daniel S. seine Spezereihandlung auf dem Großen Kornmarkt in Ffm.; er wurde 1722 Ffter Bürger und gehörte später dem 51er-Kolleg an. Seine Firma, ein bald blühendes Geschäft, handelte mit Spezereiwaren (Dominico- und Java-Kaffee, Songlo-Tee, Pfeffer, Zimt und Nelken), Farbwaren (Langensalzaer Waid, schwarzer Gallus, Dominico-Indigo, Cochenille, weißer und roter Weinstein, Bleiweiß, Salzburger Vitriol), Metallen (Kupfer, Silber- und Goldglätt, Flussspat, Kristalle, Landblei, Harzer Blei, englisch Zinn, meist im Verkauf als Vertreter der Königlich Hannoverschen Berghandlung zu Goslar) sowie Salpeter und Wachs. Zusammen mit einem Straßburger Verwandten übernahm die Handlung 1776 auch Fouragelieferungen, vermutlich für die französische Armee. Mittlerweile war
Johann Friedrich S. (1728-1816), das einzige Kind von Johann Daniel und Maria Dorothea S., in das väterliche Handelsunternehmen eingetreten. Nach dem Tod der Eltern erwarb
Johann Friedrich S. das Haus zum Goldenen Bären auf dem Roßmarkt, wo er die Firma weiterführte. Allerdings gab er den Warenhandel ab Anfang der 1780er Jahre allmählich auf, um sich fast ganz dem Bankgeschäft zu widmen, u. a. als Darlehensgeber für
Mayer Amschel Rothschild, dem er von 1795 bis 1812 hohe Depositengelder gewährte. Durch sein Testament (1793, Neufassungen 1812/15) stiftete der ledig und kinderlos gebliebene
Johann Friedrich S., selbst passionierter Kunstsammler, das nach ihm benannte und bis heute bestehende Kunstinstitut, an das sein gesamtes Vermögen im Wert von fast 1,5 Millionen Gulden ging. Ein Landhaus im Ortskern von Oberrad, das aus Petzel’schem Besitz an diesen Teil der Familie S. gekommen war, führte als Gasthaus noch bis ins 20. Jahrhundert den Namen „Zum Städels-Hof“ (Gebäude zerstört im Zweiten Weltkrieg, an dessen Stelle heute die Mietshäuser Offenbacher Landstraße 332 und 334).
Der jüngere der beiden Straßburger Brüder, Johann Carl (auch: Karl) S. (1706-1748), seit 1730 verheiratet mit Anna Catharina S., geb. Heinlein (seit 1749 in zweiter Ehe verh. Kellner, 1705-1757), ließ sich als Bürger und Teilhaber der überregional bedeutenden Material- und Apothekerwarenhandlung „Kellner & Städel vorm. Heinlein“ in Ffm. nieder. Die Firma war 1665 von dem aus Wertheim stammenden Materialisten Philipp Friedrich Heinlein (auch: Hainlein; ?-1685) in Ffm. gegründet und von seinem Sohn Christoff Nicolaus (auch: Niclas) Heinlein (1670/71-1716) im Haus zur Reuß, Markt 23, fortgesetzt worden. Christoff Nicolaus’ Witwe Rosina Sibylla Heinlein, geb. Saltzwedel (1680-1729), nahm 1726 ihren Schwiegersohn Johann Christoph Kellner (1698/99-1770) aus Nürnberg als Gesellschafter in die Materialienhandlung auf, und nach dem Tod der Witwe Heinlein trat 1730 auch der zweite Schwiegersohn, Johann Carl S. aus Straßburg, in das Geschäft ein. Die beiden Schwäger führten die Handlung unter eigenem Namen im alten Geschäftshaus zur Reuß und spätestens seit 1769 im geräumigeren Haus zum Jungen Bären, Töngesgasse 38, erfolgreich weiter. Um ihren Kundenkreis in ganz Süddeutschland und Westfalen zu bedienen, arbeiteten sie u. a. mit Lieferanten in Amsterdam, Rotterdam, Marseille, Hamburg und Kopenhagen zusammen. Die Söhne Johann Leonhard Kellner (1732-1799), der seit 1757 mit seiner Cousine Rosina Sibylla, geb. S. (1737-1789), verheiratet war, und Johann Karl S. (1742-1815) traten wohl Ende der 1750er Jahre bzw. Ende der 1760er Jahre als Teilhaber in die Firma ein, die sie später gemeinschaftlich übernahmen. Nach Kellners Tod 1799 setzte sich Johann Karl S. zur Ruhe und übergab das Geschäft an die nächste Generation. Sein älterer Sohn Johann Martin S. (1772-1802) starb jedoch früh; dessen Witwe
Anna Rosina Magdalena, gen. Rosette, S., geb. Willemer (1782-1845), heiratete später (1819) den Senator
Gerhard Thomas. Seit 1805 führten die Vettern Carl August S. (1781-1849; jüngerer Sohn von Johann Karl S.) und Carl Ferdinand Kellner (1775-1841; Sohn von Johann Leonhard Kellner) die Materialwarenhandlung weiter. Nachdem es bereits in den 1820er Jahren zu einem Geschäftsrückgang gekommen war, entschieden sich die beiden Inhaberfamilien 1836 zur Trennung der Firma in die Einzelunternehmen „C. F. Kellner & Co.“ (erloschen um 1846) und „Städel & Sohn“ (erloschen 1859).
Mit dem Tod von Jacob Friedrich S. (1815-1859; Sohn von Carl August S.) als letztem männlichem Namensträger 1859 endete die Geschichte der Familie S. in Ffm. Durch die Nachkommen in der Linie von Johann Carl S. (1706-1748) waren die S. verschwägert mit den Familien Ammelburg,
Andreae,
de Bary, Brüning, Donner, Eyssen, Fries, Fellner,
Grunelius,
Hauck, Keßler, Kolligs, Kriegk,
Metzler, Majer, Minoprio,
von Neufville,
Passavant, de Ridder, Sandhagen,
Scharff, Scherbius, Siebert, Starck,
Varrentrapp, Wagner u. a.
.