Jüngste Tochter des Gerichtsangestellten Friedrich Wilhelm Kulisch (1820-1855) aus Wurzen und dessen Ehefrau
Linna Henriette Adelheid, geb. Schulze (auch: Schulz, Schultz, Schultze; 1824-1888), Tochter des Advokaten und Bürgermeisters Wilhelm August Schulze aus Dippoldiswalde. Drei Geschwister:
Susanna (auch: Susanne) Elsbeth Kulisch (1851-1937), Tänzerin, Tanzlehrerin; Johannes Kulisch (1852-1856);
Martha (auch: Marta) Isidore Kulisch (seit 1889 verh. Katz, 1854-1935), Tänzerin, Schauspielerin. Neffe:
Hanns Ludwig Katz (1892-1940), Maler.
Die Familie lebte ursprünglich in Wurzen, wo die älteren Kinder geboren wurden. Der Vater, der als „Sportel-Controleur“ (Verwalter der Gebührenkasse) am Königlichen Amtsgericht in Wurzen tätig war, starb noch vor C.s Geburt. Von 1857 bis 1868 war die Mutter als „Controleurs-Witwe“ in Dresden gemeldet. Erste Auftritte der Schwester Susanna Kulisch als Tänzerin sind 1866/67 am Königlichen Hoftheater Dresden nachgewiesen. Bald verwendeten sie und ihre ebenfalls als Tänzerin ausgebildete und später als Schauspielerin tätige Schwester Martha Kulisch den Künstlernamen „Culié“. Beide bemühten sich um Engagements am selben Ort und gehörten u. a. Theaterensembles in Bremen, Berlin, Straßburg, Stettin und Köln an (lt. Dt. Bühnen-Almanach 1870-84). Vermutlich wurden sie von der Mutter und der Schwester Katharina C. begleitet.
Von Köln aus bewarben sich die älteren Schwestern Susanna und Martha C. erfolgreich um Anstellungen in Ffm., indem sie 1878 Kontakt zu
Otto Devrient, dem Intendanten der Ffter Bühnen, aufnahmen. Linna Kulisch und ihre Töchter wurden nun in Ffm. ansässig und wohnten seit März 1878 in der Neuen Rothofstraße 28, ab Juli 1879 in der Kaiserhofstraße 5 und schließlich ab April 1884 in der Hochstraße 32, 1. Obergeschoss. Bereits 1883 hatte C. im Parterre des Hauses ein eigenes Fotoatelier gegründet. Die Räumlichkeiten hatte sie von Emil Rheinstaedter (1835/36-1888), einem engagierten Mitglied im „Verein zur Pflege der Photographie und verwandter Künste zu Frankfurt a./M.“, übernommen. Vielleicht handelte es sich bei ihm um C.s Ausbilder. Sie trug nun ebenfalls den Künstlernamen „Culié“ und wurde 1884 gemeinsam mit der „Retoucheuse Frl. Finkelmaier“ als einzige Frauen unter den Mitgliedern in den renommierten „Verein zur Pflege der Photographie und verwandter Künste zu Frankfurt a./M.“ aufgenommen. Im Dezember 1884 erhielt C. das beantragte Prädikat als Hoffotografin des Herzogtums Sachsen-Coburg und Gotha. Titel und herzogliches Wappen wurden Teil ihrer Firmenwerbung und schmückten mit weiteren Auszeichnungen die Rückseiten der Untersatzkartons ihrer Fotografien. Bei der „allgemeinen photographischen Ausstellung“ des „Vereins zur Pflege der Photographie und verwandter Künste“ 1884 im Ffter Palmengarten wurde C. für Porträts mit einer Bronzemedaille ausgezeichnet, und bei der XIV. Wanderausstellung des Deutschen Photographen-Vereins 1885 in Heidelberg bekam sie für ihre lebensgroßen oder fast lebensgroßen Porträts eine silberne Medaille der Kindermann-Stiftung und eine bronzene Medaille vom Veranstalter. Weitere Auszeichnungen erhielt sie laut ihrer Werbung auf den Kartonrückseiten von Fotografien u. a. in Berlin 1884, Stuttgart 1887, Lübeck 1888, Flensburg 1889.
C.s Versuch, 1885 einen einstöckigen Anbau für eine Dunkelkammer an das Hintergebäude ihres Ateliers genehmigen zu lassen, scheiterte am generellen Verbot der Bebauung der Wallanlagen (Wallservitut). Im Adressbuch 1888 wird eine Atelierfiliale in der Hochstraße 40 genannt; dort hatte sich von 1865 bis 1885 das Atelier des angesehenen Fotografen
Johann Schäfer befunden. Auf einer Fotografie des alten Theaterplatzes von
Carl Friedrich Mylius von 1889 sind zwei Werbeschaukästen C.s an der Front des Bijouterie- und Luxuswarengeschäfts „E. Kayser“ festgehalten (HMF, Inv.-Nr. C08672). In ihren Anzeigen warb C. insbesondere auch mit der Anwendung moderner Techniken. Die Schwester Susanna C., die nach dem Ende ihrer Karriere als Solotänzerin (bis Adr. 1885) zunächst als Tanz- und Anstandslehrerin tätig war (lt. Adr. 1886-90), half Katharina C. später im Atelier.
Im Atelier von Katharina C. entstanden zahlreiche Porträts von Ffter Bürgern und Bürgerinnen. Ihre Spezialisierung auf Kinderaufnahmen hob sie etwa in einer ganzseitigen Anzeige im Ffter Theater-Almanach von 1905 hervor. So finden sich beispielsweise Kinderporträts von
Siegfried Kracauer im Deutschen Literaturarchiv Marbach (
Kracauer als Baby, 1889, DLA Marbach, Inv.-Nr. B 1981.W 0001, und als Kleinkind, 1890, DLA Marbach, Inv.-Nr. B 1981.W 0002). Daneben konzentrierte sich C. auf Fotografien von Schauspielern und Schauspielerinnen, Opernsängern und Opernsängerinnen in Zivil und im Rollenkostüm sowie auf kleine szenische Inszenierungen im Atelier. Von den Ffter Bühnen porträtierte sie u. a. Kathi Frank,
Anna Jaeger,
Thessa Klinkhammer,
Sophie König,
Hedwig Schacko,
Arthur Bauer,
Richard Breitenfeld,
Rudolf Brinkmann,
Ejnar Forchhammer,
Alfred Hauck,
Mathieu Pfeil, Max Reimann sowie den Ersten Kapellmeister
Otto Dessoff und den Gastdirigenten und Pianisten
Hans von Bülow. Von 1905 bis 1909 publizierte C. regelmäßig ihre meist von ihr signierten Schauspielerporträts im Ffter Theater-Almanach. Darüber hinaus sind wenige Aufnahmen anderer Motive, wie z. B. von dem Flotow-Denkmal in Darmstadt oder von Personengruppen im Freien, von C. bekannt.
In ihrem Studio nutzte C. für Ganzkörperporträts einzelner oder mehrerer Personen die bis etwa 1900 übliche Ausstattung mit illusionistisch bemalten Leinwänden als Hintergründen sowie Requisiten wie künstliche Felsen, Zäune und historistisches Mobiliar. Brustbilder entstanden vor monochromem Hintergrund. Aus der Zeit nach 1900 sind erzählerische Aufnahmen erhalten (Doppelbildnis eines Paares, HMF, Inv.-Nr. Ph13948). Nur wenige großformatige Porträts sind bekannt, etwa von dem Kunsttheoretiker und Pädagogen
Veit Valentin (HMF, Inv.-Nr. Ph07848) und dem Botaniker
Martin Möbius (HMF, Inv.-Nr. C21522). Ansonsten nutzte C. für ihre Aufnahmen meist das ab 1860 populäre Visitformat (Carte de Visite) und die folgenden Formatvarianten. Selten scheint sie eine Kolorierung der Fotografien vorgenommen zu haben (Porträt eines unbekannten Jungen, ISG, Sign. S7Y Nr. 241).
Unterstützt wurde die Fotografin im Atelier von ihrer Schwester Susanna C. und zeitweise von Jenny Katz, mit der C. durch die Heirat ihrer Schwester Martha mit dem Journalisten Julius Katz (1856-1912) seit 1889 verwandtschaftlich verbunden war. Julius Katz hatte in den 1880er Jahren als politischer Redakteur beim Ffter Journal und als Privatsekretär des Ffter Oberbürgermeisters
Johannes (von) Miquel gearbeitet, bevor er mit seiner Frau Martha nach Karlsruhe zog; dort wurde 1892 der Sohn
Hanns Ludwig Katz, der spätere Kunstmaler, geboren. 1915 lebten die Schwestern C. zeitweise in Bad Soden, wo die Familie Katz ein Haus besaß.
Mit der Abmeldung des Gewerbes zum 31.12.1928, nach 45-jähriger Geschäftstätigkeit, gab Katharina C. im Alter von 72 Jahren ihr Atelier auf. Schon früher, spätestens nach dem Ersten Weltkrieg, hatte das Atelier allerdings seine Bedeutung verloren. Um 1930 gab C. auch die Räume und die Wohnung in der Hochstraße 32 ab. Gemeinsam mit ihrer ebenfalls ledig gebliebenen Schwester Susanna C., mit der sie offenbar immer zusammengelebt hatte, zog sie in ein Altersheim, das damals neu erbaute Henry und Emma Budge-Heim im Edingerweg (ab 1936: Walter-Flex-Straße) zwischen Eschersheimer Landstraße und Hansaallee (ab Adr. 1931). Dort starb am 25.1.1937 Susanna C. und knapp zwei Jahre später, am 29.12.1938, Katharina C.
Größere Bestände mit Fotografien von C. befinden sich im Besitz des HMF (ca. 140 Fotografien, vor allem im Visit- und Kabinettformat, meist Porträts von Ffter Persönlichkeiten und Bühnenangehörigen), der UB Ffm. (ca. 120 Fotografien mit Bildnissen aus Oper und Schauspiel sowie Leporellos in der Porträtsammlung Manskopf) und des ISG (Album „Ballfest der Bühnenkünstler“, 1903, und ca. 40 Porträtfotografien in verschiedenen Sammlungsbeständen).
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