Neuerscheinungen vom 10. Mai 2021

Einleitung: 

Guten Tag, liebe Leserinnen und Leser,

derzeit gibt es außergewöhnlich viele Gedenktage und Jubiläen, die an Ereignisse und Persönlichkeiten aus der Frankfurter Geschichte erinnern. Vor 30 Jahren, am 30. Mai 1991, starb der linkskatholische Kulturkritiker Walter Dirks, den der aktuelle Artikel des Monats aus diesem Anlass vorstellt.

Artikel des Monats Mai 2021:
Frankfurter Hefte

Er begann bei der Rhein-Mainischen Volkszeitung in Frankfurt: Walter Dirks. Nach einem abgebrochenen Studium der Theologie und Philosophie kam der 23-Jährige 1924 zu dem von Friedrich Dessauer gegründeten linkskatholischen Blatt, wo er bald zum Feuilletonchef aufstieg. Neben seiner ausgedehnten journalistischen Arbeit nahm er sein Studium wieder auf, nun in Philosophie und Soziologie an der Universität in Frankfurt, später in Gießen.
Noch einige Wochen nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten, am 15. März 1933, platzierte Dirks unter dem Titel „Auch ein Jubiläum“ einen Artikel zum 50. Todestag von Karl Marx auf Seite eins der Rhein-Mainischen Volkszeitung. Wegen seiner NS-kritischen Haltung in seinen Veröffentlichungen wurde er im Sommer 1933 für mehrere Wochen inhaftiert. Das Manuskript seiner Dissertation über das Werk „Geschichte und Klassenbewußtsein“ von Georg Lukács soll er zu seinem eigenen Schutz verbrannt haben. Nachdem die Rhein-Mainische Volkszeitung verboten worden war, konnte Dirks 1935 in der Redaktion der Frankfurter Zeitung unterschlupfen. Für die FZ schrieb er hauptsächlich Musikkritiken, bis auch dieses Blatt auf nationalsozialistischen Befehl 1943 eingestellt wurde. Dirks erhielt Schreibverbot.
Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg engagierte sich Dirks für die Gründung einer neuen demokratischen Partei, in der er seine Vorstellungen einer Verbindung von Christentum und Sozialismus verwirklicht sehen wollte, und beteiligte sich in diesem Sinne am Aufbau der CDU in Frankfurt und Hessen. Zur publizistischen Begleitung seiner politischen Ideale und Ziele gründete Walter Dirks zusammen mit Eugen Kogon und Clemens Münster 1946 die Frankfurter Hefte, die er bis 1985 mitherausgab. Durch seine engagierte journalistische Arbeit, auch als Rundfunkkommentator, wurde Dirks bald zu einem zentralen kritischen Intellektuellen in der Frühzeit der Bundesrepublik.
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Schluss: 

Die erste Nummer der Frankfurter Hefte erschien im April 1946, also vor 75 Jahren. Heute vor 70 Jahren, am 10. Mai 1951, wurde das nach der Kriegszerstörung rekonstruierte Frankfurter Goethehaus feierlich wiedereröffnet. Der originalgetreue Wiederaufbau von Goethes Geburtshaus war seinerzeit heftig umstritten. Auch Walter Dirks lehnte ihn als Sinnbild der Restauration einer überholten Epoche ab, u. a. in einem Artikel in den Frankfurter Heften mit dem provokanten Titel „Mut zum Abschied“ (1947). Die damaligen Kritiker zweifelten auch am ideellen Wert der durch den Wiederaufbau geschaffenen Kopie. Doch die knapp 500 Besucherinnen und Besucher, die an einem Tag in guten Zeiten ins Goethehaus kommen, betrachten es längst als authentisch.

Wir wollen auf eine kleine Auswahl weiterer Jubiläen und Gedenktagen in diesen Wochen und Monaten blicken. Heute vor 150 Jahren, am 10. Mai 1871, unterzeichneten Otto von Bismarck und Jules Favre im Hotel „Zum Schwan“ den Frankfurter Frieden, der den Deutsch-Französischen Krieg offiziell beendete. Ebenfalls vor 150 Jahren, aber bereits am 16. März 1871, wurde der von dem Kunstgärtner Heinrich Siesmayer initiierte und geschaffene Palmengarten in Frankfurt eröffnet. Im April vor 500 Jahren, am 14./15. und 27./28. April 1521, hielt sich Martin Luther auf seiner Reise zum und vom Reichstag in Worms in Frankfurt auf. Am 21. Mai vor 550 Jahren wurde der Maler Albrecht Dürer geboren, der ab 1507 den berühmten „Heller-Altar“ für Frankfurt schuf. Im Sommer vor 50 Jahren, am 18. Juni 1971, eröffnete die Volksschauspielerin Liesel Christ das von ihr gegründete Volkstheater Frankfurt. Als erste Premiere wurde die frankfurterische Komödie „Die Entführung oder Der alte Bürger-Capitain“ gespielt. Deren Autor Carl Malss hat mit dem vor 200 Jahren, am 13. August 1821, uraufgeführten Stück die Tradition der Frankfurter Lokalposse begründet. Nicht nur zum Betrachten von Werken der Komischen Kunst – etwa von F. K. Waechter – lädt der Grüngürtel ein, der auf Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vor 30 Jahren, am 14. November 1991, gegründet wurde.
Die orangefarbenen Links weisen darauf hin, dass Sie zu den hier genannten Gedenktagen und Jubiläen ausführliche Informationen im Frankfurter Personenlexikon finden können. Weitere Artikel anlässlich aktueller Gedenktage, etwa zum absoluten Ende der Ära von Napoleon mit dessen Tod 1821 und zum demokratischen Neubeginn in Frankfurt mit der Wahl von Walter Kolb zum Oberbürgermeister 1946, sind in Vorbereitung.

Grundsätzlich wird Geschichte auch im Frankfurter Personenlexikon aber nicht nur anhand von Gedenktagen geschrieben. Das zeigt in der jetzigen Monatslieferung z. B. der Artikel über die aus Breslau stammende Medizinerin und erste deutsche Neurochirurgin Alice Rosenstein. Sie arbeitete seit 1929 in Frankfurt, an der „Städtischen und Universitäts-Klinik für Gemüts- und Nervenkranke“, die damals gerade einen modernen Neubau von dem Architekten Martin Elsaesser erhielt. Hier wirkte Alice Rosenstein wegweisend auf neurochirurgischem und neuroradiologischem Gebiet, bis sie aufgrund des vom NS-Regime erlassenen „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ im April 1933 entlassen wurde. Wenige Monate später emigrierte sie in die USA.

Wie immer kann dieses monatliche Editorial nur ausgewählte Lesetipps geben, wer und was sich im Frankfurter Personenlexikon finden lassen. Das FP enthält inzwischen ein breit gefächertes Spektrum an Frankfurter Biographien aus über 1.200 Jahren Stadtgeschichte, und wir bauen das Angebot für Sie stetig weiter aus.

Mit allerbesten Grüßen und Wünschen
Sabine Hock
Chefredakteurin des Frankfurter Personenlexikons

P. S. Die nächste Artikellieferung erscheint am 10. Juni 2021.