Sohn des vermögenden Handelsmanns Hans Balthasar K. († 1544) und dessen Ehefrau Cathrina, geb. von Martorff (1500-1538). Der in Erfurt geborene und nach Ffm. übergesiedelte Vater wurde durch die Heirat 1518 in die Patriziergesellschaft Alten-Limpurg aufgenommen und stieg später zum Ratsherrn, Schöffen und Bürgermeister auf. Sieben ältere Geschwister: Christoph K. (1519-1591), seit 1569 Amtmann des Grafen zu Stolberg im Harz; Kunigunde K. (1521-1554), verheiratet mit dem Handelsmann
Hans Bromm (1510-1564); Johann K. (1522-1589), Rat des Grafen zu Stolberg-Königstein und Amtmann zu Eppstein, dann Stadtschultheiß von Ffm.; Ludwig K.; Margarete K.; Georg K. (1530-1591), Ratsherr und Schöffe in Ffm.; Elias K. (1534-1550), Soldat im Regiment des Lazarus von Schwendi, gefallen in der Picardie. 1561 erwirkte die Familie durch K. und seine Brüder Christoph, Johann, Georg sowie ihre Vettern Jakob und Balthasar K. den Reichsadelsstand mit Wappenbesserung von Kaiser Ferdinand I., doch führte die Familie das Adelsprädikat erst nach 1700.
Verheiratet (seit 1567) mit Margarete K., geb. Neuhaus (1545-1596), Tochter des Ratsherrn Georg Neuhaus (1519-1584) und dessen Ehefrau Catharina, geb. Hell gen. Pfeffer († 1556). Fünf Kinder: Georg K. (1568-1590), Student der Rechte in Basel, Marburg und zuletzt in Rom, wo er mit 22 Jahren starb; Christina K. (1570-1613), verheiratet mit Hans Hector zum Jungen (1570-1635); Barbara K. (31.7.1572-11.9.1572); Johann Ludwig K. (1578-1636), verheiratet mit Anna Elisabeth K., geb. von Günderrode (1588-1652); Johann Christoph K. (1580-1588).
K. besuchte wahrscheinlich das städtische Gymnasium und bekam wohl von dem Ffter Stadtsyndikus
Johann Fichard, dem Vater seines Freundes Raimund Pius Fichard (1540-1584), erste Einführungen in das Rechtsstudium. 1551/52 hörte K. im Rahmen der „Studia humanitatis“, die auf sein späteres Studium der Jurisprudenz vorbereiteten, Vorlesungen an der Marburger Universität. 1553 hielt er sich in Zürich auf und kehrte 1554 nach Ffm. zurück. Das Studium der Rechtswissenschaften nahm K. 1554/55 in Löwen auf und setzte es von 1555 bis 1557 an der Universität Leipzig fort. 1558 hielt er sich in Löwen und Orléans auf. Von Juli bis Oktober 1559 war er an der Universität in Orléans immatrikuliert. 1560 wechselte er nach Bourges, wo er wohl 1561 promoviert wurde, denn seit diesem Jahr schreibt er in seinen Büchern ein „D.“ hinter seinen Namen. 1562 war er an der Universität in Padua eingeschrieben. 1563 erhielt K. an der Universität in Ferrara das „Diploma doctorale“ als „Doctor iuris utriusque“ (Doktor beiderlei Rechts) und kehrte nach Ffm. zurück. 1566 wurde er als Hausjurist bei Ludwig Graf zu Stolberg (1505-1574) in Königstein angestellt.
Auch in Ffm. etablierte sich K. zügig im Anwaltsgeschäft (u. a. als juristischer Gutachter beim Ffter Schöffengericht) und vertrat in Prozessen adlige Häuser aus der Umgebung (die Grafschaften zu Solms-Münzenberg, Hanau-Lichtenberg, Solms-Laubach und Isenburg) sowie die Ganerben von Cleeberg und Gemeinden (u. a. Büdingen, Gelnhausen). Er wurde 1569 als Advokat des Almosenkastens in Ffm. und 1572 als Rechtsberater des Amtmanns in Tauberbischofsheim angestellt. 1574 wurde er Stiftsadvokat von Liebfrauen. Seine erfolgreiche Juristenlaufbahn mündete 1574 in die Unterzeichnung seines Dienstbriefs als Advokat und Stadtsyndikus in Ffm., auf den 1581 der zweite Dienstbrief folgte. K. arbeitete im Ausschuss zur Herausgabe der von
Johann Fichard erstellten „Ffter Reformation“ von 1578 mit. 1582 wurde er zudem Rechtsberater von St. Katharinen. Für den Schriftverkehr der Stadt arbeitete er 1585 eine Registratur aus und regte somit die Schaffung eines Historischen Archivs an, die aber erst 1863 vereinbart wurde.
K. vermittelte in Streitigkeiten der Stadt mit benachbarten Territorien (Mainz, Isenburg, Hanau, Darmstadt). 1576 reiste er nach Wien, um sich beim Kaiser dafür zu verwenden, dass weder der durch seine missglückten Spekulationsgeschäfte in Ffm. missliebig gewordene
Claus Bromm noch ein Günstling des Kaisers das Schultheißenamt erhielten. Auf K.s Vorschlag wurde sein Bruder Johann K. (1522-1589) Schultheiß in Ffm. K. agierte als Gesandter der Stadt bei den Reichstagen von Regensburg (1576) und Augsburg (1582) sowie beim Revisionstag des Reichskammergerichts in Speyer (1585). Als Gesandter beim Kreistag zu Worms (1588) stand er der Kommission zur Visitation des Reichskammergerichts vor.
Fichard lobte K., der einer der typischen späthumanistischen gelehrten Advokaten war, als „einen der tätigsten und geschicktesten Geschäftsmänner“ der Zeit.
Seinem Geschichtsinteresse war K. bereits während seiner Studienjahre nachgegangen. 1562 unternahm er mit seinem Freund Raimund Pius Fichard Städtereisen in Italien, u. a. nach Rom, Genua, Florenz, Mailand, Bologna, Mantua, Cremona und Ferrara. Besonderes Augenmerk legte K. auf die Inschriften auf Steindenkmälern, die er in einem Heft notierte [„Marmora Germaniae, Italiae, Franciae, Angliae“ (Steindenkmäler ...), Padua 1562; darin Inschriften aus den genannten italienischen Städten sowie u. a. aus Augsburg, Mainz, Wismar, Doberan, Prag, Paris, Orléans und London]. 1563 hielt er sich in Venedig auf, um „Sehenswürdigkeiten (...) mit eigenen Augen zu betrachten und kennenzulernen“ [dokumentiert in dem Heft „Insignia Patritiorum Venetorum“ (Wappenbuch des venezianischen Adels)]. Für seine Familie legte K. ein Geschlechter- und Epitaphienbuch an („Der Kellner Genealogia vnd Epitaphia“), illustriert mit zahlreichen Zeichnungen von Grabdenkmälern in Erfurt und Ffm., das auch Informationen zu seinen Ahnen in Erfurt enthält und nach seinem Tod fortgeführt wurde. 1569 ließ er sich in Erfurt die spektakulären Ereignisse um seinen Großonkel, den Ratsherrn Heinrich K. (1440-1510), aus dem „Tollen Jahr“ 1509 schildern, die er 1570 niederschrieb („Historia von der Erffurtischen Uffruhr“). Zur Geschichte Venedigs veröffentlichte K. am 26.8.1574 die bebilderte Ausgabe der „Chronica“ und „Respublica“ (Beschreibung Venedigs), auf die am 1.9.1574 das lateinische Werk „De vita, moribus, et rebus gestis omnium ducum venetorum“ folgte. Des Weiteren sammelte K. annalistische und chronikalische Handschriften mit Aufzeichnungen zu besonderen Ereignissen der Stadt Ffm.
K.s breitgefächertes Interesse an verschiedenen Themenbereichen lässt sich an seiner heute noch in Teilen erhaltenen und ehemals sehr viel umfänglicheren Bibliothek ablesen. Seine Bücher versah er mit dem Eintrag seines Namens sowie seines Wahlspruchs „Enitar“ bzw. „E.N.I.T.A.R.“ (Ich werde mich bemühen/anstrengen), oftmals auch des Orts und Datums des Erwerbs. Der erste Bücherkauf des damals 15-Jährigen ist 1552 überliefert. Die an verschiedenen Orten erworbenen (und teilweise auch dort gebundenen) Handschriften, Inkunabeln und Drucke gehören den Bereichen der Theologie, des Rechts, der Medizin, Philosophie, Geschichte, Politik und Poetik an. Auch Bücher französischer und italienischer Autoren sowie „Kunstbücher“ waren in K.s Bibliothek vertreten. Die Bücher in den unterschiedlichsten Formaten wurden in aufwendige Leder- und Halbledereinbände gebunden. Von besonderem Interesse sind u. a.: der Bericht „De novo mundo“ (Aus der Neuen Welt) des Seemanns Amerigo Vespucci (1451-1512), gedruckt 1505 in Rostock, der heute nur noch in wenigen Exemplaren erhalten ist; das von Abraham Ortelius (1527-1598) verfasste „Theatrum Orbis Terrarum“ (Antwerpen 1574), das K. auf der Ffter Herbstmesse erworben hatte; der erste Band „Quadrupedes vivipares“ der „Historiae animalium“ (Zürich 1551) des Züricher Arztes und Naturforschers Conrad Gessner (1516-1565) mit zahlreichen kolorierten Holzschnitten der besprochenen Vierfüßer. In einer Randnotiz korrigierte K. die dortigen Angaben zum Elefanten, nachdem er einen solchen 1570 beim Reichstag in Speyer im Tross von Kaiser
Maximilian II. gesehen hatte.
K.s gesellschaftliche Verbindungen waren vielfältig. 1554 erwarb er die „Introductiones Apotelesmaticae“ (Die Kunst der Chiromantzey) des Ffter Stiftsherrn von St. Leonhard Johannes Indagine (1467-1537). 1569 trug sich K. in das Stammbuch des Ffter Stadtphysikus
Joachim Strupp ein. Von dem spanischen Theologen
Cassiodoro de Reina, der wegen der drohenden Inquisition nach Ffm. gekommen war, erhielt K. in dessen exegetischer Schrift „Evangelium Ioannis“ (Ffm. 1573) eine Widmung, von seinem Freund Raimund Pius Fichard bekam er zwei Widmungen.
Sigmund Feyerabend dedizierte K., seinen Brüdern und Vettern 1579 die „Insignia sacrae caesareae maiestatis“ (Wappenzeichen Seiner Heiligen Kaiserlichen Majestät), in denen nach dem Titelblatt als erstes Wappenzeichen das der K. gedruckt wurde. Als „Schirmherr und Förderer seiner Studien“ engagierte sich K. für den aus Flandern stammenden Juristen, Philologen und Dichter Franciscus Modius (1556-1597), der 1585 als Korrektor bei
Sigmund Feyerabend tätig geworden war. Modius eignete K. sein Buch „Patrocinium Pupillorum et Viduarum Novum“ (Neue Schirmherrschaft über Mündel und Witwen, 1585) zu.
K. trat auch als Sammler von Grafiken in Erscheinung. Er besaß mindestens vier „Kunst-Bücher“ (auch Klebebände genannt), von denen zwei noch in Gänze erhalten sind (heute in der UB Ffm.). In ein 1588 datiertes Kunstbuch klebte er zehn Druckgrafiken, drei Handzeichnungen [darunter eine Teilkopie des letzten Figurengedichts aus
Hrabanus Maurus’ um 810/14 entstandener Abhandlung „De Laudibus Sanctae Crucis“ (Kreuzeslob)] sowie drei Scherenschnitte ein. Des Weiteren sammelte er Kupferstiche italienischer Stecher in dem Band „Antiquitates Italiae, aeri incisae“ (Italiens Altertümer in Kupferstichen), darunter zahlreiche Stiche aus der Reihe des „Speculum romanae magnificentiae“ (Spiegel der römischen Pracht) des in Rom ansässigen Druckers und Verlegers Antonio Lafreri (1512-1577). Darüber hinaus sind die Titelseiten zweier weiterer Kunstbücher erhalten (in der UB Ffm.). Die Anordnung in „
Albrecht Dürers Kunstbuch“ mit ehemals 106 Druckgrafiken wurde 1794 durch
Henrich Sebastian Hüsgen verändert (Verbleib unbekannt). Das kleinformatigere Kunstbuch, ebenfalls 1588 datiert, enthielt Druckgrafiken u. a. von Virgil Solis und niederländischen Stechern. Diese gelangten 1920 nach Absprache mit
Friedrich Clemens Ebrard, Direktor der Ffter Stadtbibliothek, teilweise in die Graphische Sammlung des Städel Museums.
Zahlreiche Drucke aus seinem Besitz versah K. mit fachlichen Anmerkungen und persönlichen Notizen, aus denen Rückschlüsse auf sein Leben (u. a. seinen Glauben) gezogen werden können oder die seinen oftmals bissigen Humor zeigen; wenige sind auch mit wohl eigenen Zeichnungen bzw. Kritzeleien bestückt.
1581 erhielt K. einen vergoldeten „Hofbecher“ mit eingeschraubtem Fuß und Deckel als Geschenk vom Ffter Rat (archivalisch überliefert).
K. wohnte mit seiner Familie an der Neuen Kräme. 1585 wurde das dortige Haus zum Roten Löwen (Ecke Sandgasse) „neu auferbaut“. 1581 kaufte K. die Hälfte vom „Freihof“ in Bockenheim; seit 1686 gehörte auch die andere Hälfte der Familie K. 1777 wurde der Hof an Prinzessin
Henriette Amalie von Anhalt-Dessau verkauft.
K. wurde in der Familiengruft auf dem Peterskirchhof beigesetzt. Am 1.4.1589 erschien die Leichenrede auf die Brüder Heinrich und Johann K. im Druck, verfasst von Bernhard Praetorius mit einer kurzen Würdigung durch
Matthäus Bader, Rektor des städtischen Gymnasiums.
Der Großteil von K.s Bibliothek ging wohl über seine Tochter Christina an seinen Enkel
Johann Maximilian zum Jungen (1596-1649) über.
Zum Jungens umfangreiche und begehrte Bibliothek konnte 1690 von der Ffter Stadtbibliothek (heute Teil der UB Ffm.) angekauft werden. Von den rund 190 bekannten Titeln in K.s Bibliothek sind etwa 110 im Bestand
zum Jungens nachzuweisen. Wenige Bände gelangten wohl über andere Familienmitglieder in die Familienarchive der
zum Jungen,
Glauburg,
Holzhausen und
Stalburg, die sich heute im Ffter ISG befinden. 24 Bände sind in der ULB Darmstadt nachweisbar, alle aus der Bibliothek des Johann Maximilian von Günderrode (1713-1784), der mit Susanna Maria von K. (1721-1757), der letzten Erbtochter der Familie, verheiratet war; einer der Bände war zuvor im Besitz von
Zacharias Conrad von Uffenbach. Sechs Bände fanden ihren Weg über Karl Hartwig Gregor Freiherr von Meusebach (1781-1847) und
Friedrich Carl von Savigny in die Staatsbibliothek Berlin. Je ein Band wird in Wiesbaden (Hochschul- und LB RheinMain), Freiburg/Breisgau (UB) sowie in Dresden (SLUB) verwahrt.
Das von K. begonnene Geschlechter- und Epitaphienbuch der Familie sowie weitere sechs handschriftliche Bände, davon fünf zur Stadtgeschichte, im ISG. K.s Kunst- und Wappenbücher sowie seine handschriftlich verfassten Dokumente als „Nachlass Heinrich Kellner“ in der UB Ffm. Familiengeschichtliche Bände, die K. aufgeschrieben hat bzw. haben könnte, im Hessischen Staatsarchiv Darmstadt aufbewahrt bzw. nachgewiesen.
.
Frankfurter Biographie 1 (1994), S. 390f.,
.