Sohn des Ingenieurs Arthur Eugen N. und dessen Ehefrau Henriette, geb. Scheidemantel.
Seit 1907 aufgewachsen in Berlin. 1918/19 Besuch der Schauspielschule des Deutschen Theaters in Berlin. Schüler von Eduard von Winterstein. 1919 Debüt in der Rolle als Edelmann in Shakespeares „Wie es euch gefällt“ unter der Regie von Max Reinhardt am Deutschen Theater in Berlin. Erste Engagements im Fach des „leichten Charakterhelden“ in Berlin, zunächst am Deutschen Theater (1919/20), dann am Neuen Volkstheater (1920/21). Weitere Engagements als Schauspieler am Hessischen Landestheater Darmstadt (unter Gustav Hartung, 1921/22), in Minden, am Stadttheater Aachen (1923/24), in Karlsruhe, München und Dresden, dann wieder in Berlin (am Deutschen Künstlertheater mit dem Lessing-Theater, 1926/27).
Wohl bereits zu Jahresbeginn 1927 wechselte N. an das von
Arthur Hellmer geleitete Neue Theater in Ffm., wo er bis zum Ende der Spielzeit 1928/29 zum Ensemble gehörte und auch danach (bis Sommer 1930) noch gelegentlich auftrat. Erstmals im Neuen Theater stand er in der Titelrolle des Stücks „Zweimal Oliver“ von Georg Kaiser (Regie:
Arthur Hellmer, 15.1.1927) auf der Bühne. In den folgenden Ffter Jahren an diesem Haus, seiner künstlerisch bedeutendsten Zeit als Schauspieler, war N. in einigen weiteren Inszenierungen der Werke Kaisers zu sehen, u. a. in der Uraufführung des Schauspiels „Lederköpfe“ (Regie:
Arthur Hellmer, 24.11.1928) als Feldhauptmann. Weitere Uraufführungen am Neuen Theater, in denen er mitwirkte, waren: „Perdita“ von Claude Anet (als Robert, 14.1.1928), „Der Frauenarzt“ von Hans José Rehfisch (als Dr. Fechner, 28.1.1928) und „Die Umkehr“ von Arnold Zweig (als Kardinal, 30.4.1929). Überhaupt war er häufig in Stücken moderner und zeitgenössischer Autoren (u. a. Stefan Zweig, Strindberg, Bruno Frank, Heinrich Mann, Schnitzler und Ferdinand Bruckner) besetzt, spielte aber auch in Kriminalstücken von Edgar Wallace (1927 und 1929), in Komödien von Somerset Maugham (1928) und Scribe (1929) sowie einmal in einem Schwank von Arnold und Bach (1929). Hauptrollen hatte er etwa in Wedekinds „Marquis von Keith“ (Titelrolle; Regie:
Max Ophüls, 27.3.1928) ebenso wie in Curt Goetzens „Ingeborg“ (Ottokar; Regie: Hans von Wild, 28.6.1928). Zu seinen Bühnenpartnern gehörten Lucie Englisch,
Anny Hannewald, Marianne Zoff, Alois Großmann,
Theo Lingen, Rudolf Schündler u. a. aus dem Ensemble des Neuen Theaters, aber auch prominente Gäste wie
Heinrich George (in
Hauptmanns „Fuhrmann Henschel“, Regie: Willy Chmelnitzky, 14.5.1927) und Käthe Dorsch (in Sardous „Madame Sans-Gêne“; Regie: Alois Großmann, 25.5.1928).
Folgende Engagements am Hessischen Landestheater Darmstadt (unter
Carl Ebert, 1929-31) und am Bremer Schauspielhaus (1931/32); in Bremen erste Regiearbeit. Seit der Spielzeit 1932/33 Verträge als Oberspielleiter und Schauspieler, zunächst am Stadttheater Mainz (wahrscheinlich bis zur Entlassung durch die neuen, nationalsozialistischen Machthaber noch im Jahr 1933), dann am Neuen Schauspielhaus Königsberg (1934/35) und am Stadttheater Stettin (1935-37). Von 1937 bis 1941 Oberspielleiter des Schauspiels und Chefdramaturg am Stadttheater Dortmund; dort außerdem zeitweise „Stellvertreter des Generalintendanten in allen Angelegenheiten des Schauspiels“ (etwa 1937-40) und „Propagandaleiter“ (1937/38). Von 1941 bis 1944 stellvertretender Intendant und Oberspielleiter der Städtischen Bühnen in Lodz („Litzmannstadt“) im besetzten Polen; lt. Informationen von Ernst Klee organisierte N. damals geschlossene Vorstellungen für Wehrmacht, Polizei und NS-Organisationen. Nach Schließung aller Theater im Zuge des „Kriegseinsatzes der Kulturschaffenden“ zum 1.9.1944 als Landesschütze zur Wehrmacht eingezogen. Aus Kriegsdienst und -gefangenschaft im Juli 1945 nach Ffm. zurückgekehrt. Laut Spruchkammerbescheid vom 27.2.1948 (ISG, PA 40.498, f. 62) war N. von 1939 bis zum Ausschluss in Lodz 1941 „ehrenhalber“ Mitglied der SA, gehörte aber ansonsten lediglich der NSV und keinen anderen NS-Organisationen an, und „nur die Einberufung zur Wehrmacht“ habe „ernste Folgen durch die antinazistische Haltung des Betr. für denselben“ verhindert; insbesondere aufgrund von eidesstattlichen Erklärungen zum Nachweis, „dass der Betr. tatsächlich mit ganzer Person gegen den Nationalsozialismus gestanden (...) und dadurch Nachteile erlitten“ habe, wurde er von der Spruchkammer in die Gruppe 5 (Entlastete) eingestuft.
Vom 1.9.1945 bis zum 31.8.1955 gehörte N. zum Ensemble am Schauspiel der Städtischen Bühnen in Ffm. Vertraglich war er als Schauspieler im Fach „übertragener Bonvivant und Charakter“ und als Regisseur engagiert. Bereits in der ersten Premiere des Ffter Schauspiels nach Kriegsende, der Komödie „Ingeborg“ von Curt Goetz im alten Sendesaal des Rundfunks am 5.9.1945, wirkte N. (als Ottokar) mit. Kurz darauf brachte er seine erste eigene Ffter Inszenierung, das Schauspiel „Lanzelot und Sanderein“, heraus (Sendesaal, 29.9.1945). Seitdem wurden ihm regelmäßige und auch prominente Regieaufgaben übertragen, u. a. Molières „Der eingebildete Kranke“ (Börsensaal, 24.11.1945), Kaisers „Der Gärtner von Toulouse“ (Börsensaal, 5.1.1946), Molnars „Spiel im Schloss“ (Börsensaal, 28.2.1946) und Hamiltons „Gaslicht“ (Komödienhaus, 24.11.1946) sowie Riess’ „Die Entscheidung“ als Uraufführung (Komödienhaus, 5.4.1947). Unter der Chefintendanz von
Heinz Hilpert 1947/48 wurde N. nicht mehr als Regisseur eingesetzt. In der Krise nach
Hilperts Rücktritt wirkte Schauspieldirektor
Richard Weichert ausgleichend, indem er N. erneut eine Inszenierung antrug („Claudia“, Komödienhaus, 10.9.1948). Seitdem führte N. wieder regelmäßig Regie, bis 1950/51 in bis zu fünf Inszenierungen pro Spielzeit, gelegentlich von Zeitstücken (u. a. Veillers „Prozess Mary Dugan“, Komödienhaus, 11.10.1948, und Sartres „Die respektvolle Dirne“, Komödienhaus, 8.2.1950) und oft von Lustspielen (u. a. Molières „Tartuff“, Komödienhaus, 22.5.1949; „Pension Schöller“, Komödienhaus, 31.12.1949; „Das kleine Hofkonzert“, Börsensaal, 27.4.1950; Lope de Vegas „Die Launen der Donna Belisa“, deutsche EA, Börsensaal, 29.7.1950; „Was schert uns Geld“, deutsche EA, Komödienhaus, 9.11.1950; „Cyprienne“, Komödienhaus, 5.4.1951; „Meine Schwester und ich“, Komödienhaus, 3.7.1951). Infolge von personellen Umstrukturierungen am Schauspiel 1951/52, u. a. der Einstellung von
Lothar Müthel als Oberspielleiter und dem Ausscheiden von
Richard Weichert als Schauspieldirektor, wurde N., insbesondere als Regisseur, seltener beschäftigt, zumal Generalintendant
Harry Buckwitz nach der Eröffnung des wiederaufgebauten alten Schauspielhauses als „Großes Haus“ im Dezember 1951 selbst Regieaufgaben zu übernehmen begann. Wie aus N.s Ffter Personalakte (ISG, PA 40.498) zu lesen ist, fühlte sich N., der kurz zuvor noch zu den Kandidaten für die (dann im Dezember 1950 an
Buckwitz gegangene) Generalintendanz gezählt hatte, oftmals zurückgesetzt und künstlerisch nicht ausgelastet, auch als Schauspieler gelegentlich zum „Einspringer“ degradiert.
Neben seinem festen Engagement an den Städtischen Bühnen hatte N. schon früh begonnen, weitere Aufgaben im Theaterbereich wahrzunehmen. Als langjähriger Funktionär der Bühnengenossenschaft setzte er sich 1949 für die Gründung einer „Notbühne“ zur Unterstützung qualifizierter, jedoch erwerbsloser Schauspieler ein. Als „Zimmertheater“ begann diese Bühne am 30.11.1949 im Ffter Kunstkabinett in der Börsenstraße, und zwar mit N.s Inszenierung des Schauspiels „Die Verschwörung“, eines von Walter Erich Schäfer verfassten Stücks über die Geschehnisse am 20. Juli 1944. Für
Rémonds Kleines Theater im Zoo inszenierte N. 1952
Rösslers „Die fünf Ffter“ mit
Mathilde Einzig als Gast in der Rolle der
Gudula Rothschild. Im Sommer 1953 studierte er mit jungen Schauspielern den „Sommernachtstraum“ für die Freilichtbühne im Karmeliterkloster ein. Bei Gründung der Landesbühne Rhein-Main im Herbst 1953 übernahm N. vorläufig deren künstlerische Leitung, während die Geschäftsführung bei
Carl Tesch als Hauptinitiator und dem Ffter Bund für Volksbildung als Träger lag. N. inszenierte die Eröffnungspremiere mit „Minna von Barnhelm“ am 30.10.1953 im Festsaal des Studentenhauses an der Ffter Universität und baute die Landesbühne als Wandertheater mit volksbildendem Anspruch wesentlich mit auf. In den ersten beiden Spielzeiten führte er regelmäßig Regie an der Landesbühne, oft bei (modernen) Bühnenklassikern wie Hebbels „Maria Magdalena“ (wahrsch. 12.3.1954),
Hauptmanns „Fuhrmann Henschel“ (vor 17.7.1954) und
Goethes „Clavigo“ (vor 30.9.1954), aber auch einmal bei einem Lokallustspiel (Reulings „Anno dazumal“, 13.1.1954) und gerne bei Zeitstücken (Storms „Böses kommt geritten“, vor 2.2.1955, und Millers „Alle meine Söhne“, vor 21.4.1955) sowie bei Kaisers „Die Bürger von Calais“ (30.5.1954) und „Der Soldat Tanaka“ (vor 26.3.1956). Eigentlich erhoffte sich N. die reguläre Übernahme der Intendanz bei der Landesbühne. Für seine dortige Tätigkeit war er zunächst von den Städtischen Bühnen nur freigestellt. Dennoch wurde er ab 1952 noch mit drei nicht ganz unbedeutenden Inszenierungen am Schauspielhaus betraut: mit den Uraufführungen zweier – heute allerdings vergessener – Stücke (der Komödie „Der neue Herr“ von Karl Peter Heiser, 6.2.1952, und des Volksstücks „Aktionäre des Himmels“ von Walter Thomas, 13.6.1953) und der Aufführung eines weiteren Werks von Georg Kaiser (der Komödie „Das Los des Ossian Balvesen“, 20.6.1954).
Noch während der ersten Spielzeit der Landesbühne Rhein-Main geriet N. wegen seiner Doppelbeschäftigung unter Druck. Wie in einem Schreiben an N. vom 16.3.1954 (ISG, PA 40.498, f. 201) ausgeführt, forderte Generalintendant
Buckwitz, der N. bisher für seine „umfangreichen Aufgaben“ an der Landesbühne „immer wieder für längere Zeitspannen beurlaubt“ hatte, eine Lösung: Er bat
Carl Tesch, den Direktor des Bunds für Volksbildung, offenbar zum wiederholten Male, die Frage von N.s Intendanz „endlich zur Entscheidung zu bringen“; falls jedoch der „Schwebezustand“ in den kommenden Monaten weiter anhalte, müssten an den Städtischen Bühnen sowohl N.s künstlerische Ansprüche wie auch seine Gage seiner „tatsächlichen Tätigkeit“ dort „angepasst werden“. Der „Schwebezustand“, so antwortete N. in einem hinhaltenden Schreiben an den „General“ vom 3.4.1954 (ISG, PA 40.498, f. 202), sei ihm „selber am unangenehmsten“, aber letztlich konnte er auch nur auf eine Entscheidung der zuständigen Gremien hoffen. Anlässlich der anstehenden Vertragsverlängerung für die nächste Spielzeit teilte
Buckwitz am 23.7.1954 unmissverständlich mit, dass er nicht mehr länger „auf einen so wichtigen Schauspieler“ wie N. verzichten könne; N. sollte sich auf die künstlerische Leitung bei der Landesbühne beschränken und dortige Regieaufgaben nur noch im Einzelfall nach vorheriger Rücksprache mit
Buckwitz annehmen, so dass sein Einsatz als Schauspieler bei den Städtischen Bühnen „wieder weitgehend“ gewährleistet sei (ISG, PA 40.498, f. 208). Tatsächlich hatte N., bekannt für seine „lächelnden Bonvivants und Gentlemen“ (zit. nach: FR, 16.4.1955), gerade um diese Zeit ein paar schöne Rollen am Schauspiel, u. a. Oberst Pickering in Shaws „Pygmalion“ (Regie: Rudolf Noelte, mit Werner Finck als Higgins und Lola Müthel als Eliza, 16.2.1954), den Präsidenten in der Uraufführung von Kaisers „Alain und Elise“ (Regie:
Lothar Müthel, 1.9.1954) und Herman in
Büchners „Dantons Tod“ (Regie:
Harry Buckwitz, 10.9.1954). Als Regisseur wurde er bei den Städtischen Bühnen in der Spielzeit 1954/55 nicht mehr eingesetzt.
Zum Beginn der Saison 1955/56 wechselte N. als Intendant an das Städtische Theater in Mainz. Der Ffter Generalintendant
Buckwitz hatte davon erst aus den Presseberichten über N.s Wahl Mitte April 1955 erfahren. Bei der Landesbühne Rhein-Main, die N. nach zweijähriger künstlerischer Leitung (1953-55) verließ, ohne dass sich seine Hoffnung auf die offizielle Berufung zum Intendanten erfüllt hatte, löste N.s Abschied eine lang anhaltende „Intendantenkrise“ aus. Von Mainz aus versuchte N., das noch längst nicht etablierte Ffter Theaterunternehmen weiter zu unterstützen, indem er zunächst die künstlerische Oberleitung der Landesbühne behielt (1955-56), nach dem kurzen Zwischenspiel unter einem Nachfolger (Karl Striebeck, 1956-57) wieder als Berater einsprang (bis Februar 1958) und auch einmal eine Gastregie („Der zerbrochene Krug“, mit
Egon Zehlen als Dorfrichter Adam und
Liesel Christ als Marthe Rull, 20.8.1957) übernahm. Erst
Georg Aufenanger, der bereits seit der Gründung der Landesbühne als deren Organisationsleiter arbeitete und am 1.4.1959 zum (ersten auch nominell berufenen) Intendanten aufstieg, glückte die Konsolidierung des Theaterbetriebs.
Während seiner Intendanz in Mainz (1955-61) prägte N. den Stil des dortigen Städtischen Theaters durch dramaturgisch klare Konzepte und schauspielerisch sorgfältige Arbeit zum Zweck der künstlerischen Auseinandersetzung mit der Gegenwart. Nach seiner Pensionierung 1961 war er noch eine Zeitlang als Regisseur und Schauspieler am Ateliertheater in Bern tätig (1961-64). Zudem wirkte N. häufig als Sprecher in Hörspielen mit, u. a. bei Radio Fft. (1947) bzw. später beim HR (1950-81).
Seit Beginn seiner Theaterlaufbahn 1919/20 engagierte sich N. in der Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger (GDBA). Nach 1945 baute er als Landesobmann den Landesverband der GDBA in Hessen wieder mit auf. Von 1948 bis 1951 amtierte er als Vizepräsident der GDBA; später (nachweislich um 1954) gehörte er deren Verwaltungsrat an. Als Vertreter der Bühnengenossenschaft saß N. auch in verschiedenen Gremien der Städtischen Bühnen in Ffm., u. a. im Kuratorium des Patronatsvereins (nachweislich 1948); bis zu seinem Ausscheiden 1955 war er außerdem Vorsitzender des Betriebsrats bei den Städtischen Bühnen. Mitglied im Hauptausschuss der Freiwilligen Film-Selbstkontrolle. Landesarbeitsrichter.
Verheiratet (seit 1931) mit der Ballettmeisterin Christine, gen.
Christ(e)l, Ebling (1909-1984), mit der er am Neuen Theater in Ffm. 1928 zusammengearbeitet hatte. Ein Sohn: Hannes N. (* 1933).
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