Neuerscheinungen vom 10. November 2020

Einleitung: 

Guten Tag, liebe Leserinnen und Leser,

der November erscheint vielen in diesem Jahr besonders trist. Manchmal hilft es, nicht immer nur aufzuzählen, was nicht geht, sondern sich auch einmal zu vergegenwärtigen, was gut klappt. Das Frankfurter Personenlexikon gehört glücklicherweise zu den Projekten, die trotz dieser schwierigen Zeiten weiterlaufen, und so kommt auch im November wieder eine neue Monatslieferung mit einem aktuellen Artikel des Monats heraus.

Artikel des Monats November 2020:
Die Frau im Funk

Sie sprach aus Frankfurt für Frauen in Hessen und der Welt: Gabriele Strecker. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die 41-jährige Ärztin von der amerikanischen Militärregierung als Leiterin des Frauenfunks bei „Radio Frankfurt“ verpflichtet. Am 1. Mai 1946 brachte sie unter dem Titel „Ausgewähltes für Geist und Herz“ ihre erste Sendung heraus. Auch nach dem Übergang zum Hessischen Rundfunk 1949 leitete Gabriele Strecker weiterhin (bis 1962) den Frauenfunk, der damals die geringste Sendezeit – mit einer Stunde pro Woche – hatte, aber die meiste Hörerpost bekam. Die Redakteurin selbst bezeichnete ihre Arbeit beim Rundfunk einmal als eine „seltsame Mischung von Redaktionsarbeit und (…) Seelensprechstunde“.
Bereits 1946 hatte Gabriele Strecker als einzige deutsche Vertreterin an einem Internationalen Frauenkongress in den USA teilgenommen. Künftig wirkte sie als Funktionärin in überparteilichen und überkonfessionellen Frauenverbänden und damit als Netzwerkerin auf nationaler und internationaler Ebene. Seit 1948 Mitglied der CDU, engagierte sie sich in der frühen Nachkriegszeit für den Aufbau der Frauengremien ihrer Partei, und von 1954 bis 1962 gehörte sie dem Hessischen Landtag an. Nicht immer waren ihre politischen Positionen und Äußerungen unumstritten. Ihre große Bewunderung für die Vereinigten Staaten und ihr Antikommunismus etwa stießen nicht nur bei linken, sondern auch bei konservativen Pazifistinnen auf Widerspruch.
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Schluss: 

In diesem Monat erscheinen außerdem drei wichtige Artikel über Personen, die bereits in der Buchausgabe der „Frankfurter Biographie“ enthalten waren, in grundlegend neu bearbeiteter und aktualisierter Fassung im Frankfurter Personenlexikon, nämlich die Beiträge über Erzherzog Johann von Österreich, den Reichsverweser von 1848/49, über Carl Friedrich Mylius, den bedeutendsten Architekturfotografen Frankfurts in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, und über Hans Leistikow, den grafischen Gestalter des „Neuen Frankfurt“ in den 1920er Jahren.
Ganz neu sind die Artikel über den Archäologen und Kunsthistoriker Guido Kaschnitz von Weinberg, der sonst meist im Schatten seiner berühmten Frau, der Schriftstellerin Marie Luise Kaschnitz, steht, und über den kaufmännischen Angestellten Heinz Meininger, der heute trotz seiner prominenten Rolle in der Frankfurter Homosexuellenbewegung der Nachkriegszeit fast vergessen ist.
In der Serie zum 175. Jubiläum des Clementine Kinderhospitals in diesem Jahr wenden wir uns diesmal der jüngeren der beiden Einrichtungen zu, aus denen das heutige Kinderkrankenhaus hervorgegangen ist: dem 1875 eröffneten Clementine-Mädchen-Spital. Dessen Gründerin Louise von Rothschild ist schon seit einiger Zeit mit einem Artikel im Frankfurter Personenlexikon präsent. Seit 1930 wurde das Krankenhaus, mittlerweile zum Clementine-Kinderhospital erweitert, von Professor Paul Grosser geleitet. Ihm ist diesmal der Artikel in unserer kleinen Serie gewidmet. Grosser, Vater des 1925 in Frankfurt geborenen französischen Publizisten und Friedenspreisträgers Alfred Grosser, wurde aufgrund seiner jüdischen Religionszugehörigkeit im Sommer 1933 vom Krankenhausträger entlassen. Er emigrierte mit seiner Familie nach Frankreich, wo er ein Kindersanatorium aufbauen wollte, jedoch schon im Februar 1934 plötzlich infolge eines Herzinfarktes starb.

Dank besonderer Förderung der Frankfurter Bürgerstiftung läuft seit 1. Juli des Jahres ein „Projekt im Projekt“ beim Frankfurter Personenlexikon, dessen Erfolge Sie im wahrsten Sinne des Wortes mit eigenen Augen sehen können. In den vergangenen vier Monaten haben wir die Bebilderung der Artikel im Frankfurter Personenlexikon systematisch vorangetrieben. Es sind über 150 Bilder hinzugekommen, so dass jetzt über 500 der insgesamt 580 Artikel im Frankfurter Personenlexikon illustriert sind.
Die Abbildungen stammen zu einem sehr großen Teil aus dem Institut für Stadtgeschichte; weitere wichtige Bildgeber und Kooperationspartner sind die Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg, das Historische Museum, das Universitätsarchiv und das Freie Deutsche Hochstift, alle in Frankfurt am Main. Auch aus dem Besitz unserer Förderer, der Stiftung Niederländische Gemeinde Augsburger Confession und der Cronstett- und Hynspergischen evangelischen Stiftung, stammen einige Bilder. Mehr als 200 Abbildungen wurden, teilweise in aufwendigen Einzelrecherchen, aus Beständen verschiedener Archive, Bibliotheken und Institutionen sowie aus Privatbesitz gewonnen. Eine ganze Reihe dieser Bilder ist nicht aus Frankfurt in das Personenlexikon gekommen, sondern etwa aus Berlin, Hamburg, Leipzig, München, Wien, Basel, Zürich, New York, Toronto, Mexiko und Jerusalem.
Einige der Porträtierten präsentieren sich jetzt im Frankfurter Personenlexikon auf stolzen oder selten gezeigten Gemälden, etwa Hamman von Holzhausen auf dem bekannten Bildnis von Conrad Faber von Creuznach (1529) aus dem Städel Museum, Emma Mumm von Schwarzenstein auf einem Porträt von Franz von Lenbach (1890er Jahre) aus dem Münchner Lenbachhaus oder August Leopolder auf dem außergewöhnlichen Bild von Christian Schad (1960) aus dem Besitz der Museen der Stadt Aschaffenburg. Viele Artikel über Personen aus frühen Jahrhunderten ließen sich mit Kupferstichporträts aus bedeutenden Sammlungen illustrieren, etwa aus der „Porträtsammlung Holzhausen“ in der Frankfurter Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg, aus der u. a. das Bildnis von Zacharias Conrad von Uffenbach (nach 1734) kommt.
Unter den Porträtfotografien sind einige Aufnahmen prominenter Fotografinnen und Fotografen hervorzuheben. So stammen von Nini & Carry Hess u. a. eine Fotografie von Paul Hindemith, von Isolde Ohlbaum u. a. das Bild von Wolfdietrich Schnurre und von Barbara Klemm u. a. das Porträt von Marcel Reich-Ranicki. Ein besonders schönes und fotohistorisch interessantes Stück fand sich überraschend in einem Familiennachlass im Institut für Stadtgeschichte: Das Foto zeigt den Kaufmann Carl Stiebel, aufgenommen während seiner Zeit in Hongkong zwischen 1882 und 1887 von Lai Afong, der heute als der bedeutendste chinesische Fotograf des 19. Jahrhunderts gilt.
In nur wenigen Fällen mussten wir die Bildsuche (vorläufig) erfolglos einstellen. Während wir ursprünglich vermuteten, dass sich vor allem Artikel zu Personen aus dem Mittelalter und der frühen Neuzeit nur schwer illustrieren lassen würden, haben wir im Laufe der Bildrecherchen erstaunt festgestellt, dass sich gerade von manchen Persönlichkeiten aus dem 20. Jahrhundert keinerlei Bilder ermitteln lassen. In diesen Fällen haben wir allerdings noch nicht so ganz aufgegeben und hoffen, dass sich irgendwann doch ein Porträt finden wird, etwa von der Fotografin Nini Hess oder von den Architekten H. F. W. Kramer (nicht zu verwechseln mit Ferdinand Kramer!) und Alfred Schild.

Herzlich lade ich Sie zum Blättern im Frankfurter Personenlexikon online ein, um zu sehen, wie viel anschaulicher es gerade in den vergangenen Monaten geworden ist. Ich selbst habe große Freude an der Bebilderung der Artikel und würde mich freuen, wenn auch Sie Gefallen daran finden könnten.

Beste Grüße und Wünsche – und bleiben Sie gesund!
Ihre Sabine Hock
Chefredakteurin des Frankfurter Personenlexikons

P. S. Die nächste Artikellieferung erscheint am 10. Dezember 2020.