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Stiebel, Fritz

Fritz Stiebel

Fritz Stiebel
Fotografie.

© unbekannt. Der/die Fotograf/-in ist auf dem als Vorlage dienenden Originalfoto nicht genannt. Die Bildvorlage trägt auch keine anderen Copyrightangaben.
Stiebel, Friedrich Julius, gen. Fritz. Dr. med. Praktischer Arzt und Geburtshelfer. Diese Angaben konnten anhand von Dokumenten zweifelsfrei bestätigt werden.* 1.7.1824 Ffm., Diese Angaben konnten anhand von Dokumenten zweifelsfrei bestätigt werden.† 3.12.1902 Ffm.
Sohn des Arztes Salomon Friedrich S. und dessen Ehefrau Röschen (Taufname seit 1828: Julie Henriette Rosa), geb. Ochs (angeblich 1791 oder 1794 bis 1874). Eine Schwester: Sophie Pauline (zusätzlicher Taufname seit 1828: Julie, seit 1839 verh. Zimmern, 1819-1904). Verheiratet (seit 1853) mit Maria Auguste (zusätzlicher Taufname seit 1850: Louise), gen. Marie, S., geb. Reiß (1835-1897). Sieben Kinder: Carl Friedrich (1854-1928), Anna Pauline (11.1.1855-14.3.1855), Sophie Pauline, gen. Sepp (seit 1879 verh. Lindheimer, 1856-1916), Anna (seit 1882 verh. Diehl, 1859-1954), Pauline, gen. Paula (1862-1912), Antonie, gen. Toni (später verh. Sternberg, 1864-1922), und Charlotte Gabriele Marie (seit 1886 verh. Neubronner, 1865-1924).
S. stammte aus einer alteingesessenen jüdischen Ffter Familie. Am 25.11.1826 ließen die Eltern S. ihren zweijährigen Sohn von Pfarrer Karl Christian Becker in Hausen taufen; seine Paten waren der Lehrer Wilhelm Heinrich Ackermann, ein Freund des Vaters seit dem gemeinsamen Einsatz in den Befreiungskriegen, und der Arzt Johann Michael Mappes, ein Kollege des Vaters. Ein gutes Jahr später, am 20.1.1828, traten auch die Eltern und die Schwester mit der Taufe durch Pfarrer Anton Kirchner zum evangelischen Glauben über.
Seit Frühjahr 1829 halbjähriger Besuch der Vorbereitungsschule bei Settchen Hassel, der Ehefrau des Lehrers Georg Hassel, auf dem Graben in der Nähe der um dieselbe Zeit bezogenen Familienwohnung im Schönborner Hof in der Töngesgasse 30. Seit Herbst 1829 Besuch der Musterschule. Schüler von Wilhelm Heinrich Ackermann. Beginn der lebenslangen Freundschaft mit Carl Mettenheimer. Außerschulisch lateinischer und griechischer Privatunterricht, Turnstunden und Exerzierübungen sowie Teilnahme („Zuhören“) bei der englischen Konversationsstunde der Schwester. Von 1837 bis 1842 Besuch des Gymnasiums (des heutigen Melanchthon-Gymnasiums) in Nürnberg.
Seit 1842 Studium der Medizin in Göttingen, u. a. bei Friedrich Wöhler, Ernst August Wilhelm Himly, Conrad Langenbeck und Rudolf Wagner. 1844 Gründungsmitglied des Physiologischen Vereins in Göttingen. Seit 1844 Fortsetzung des Medizinstudiums in Heidelberg, u. a. bei Maximilian Joseph Chelius, Franz Nägele, Friedrich August Benjamin Puchelt und Friedrich von Tiedemann. In Heidelberg stand S. in engem Kontakt mit seiner Schwester Sophie, die dort mit ihrem Ehemann, dem aus Ffm. stammenden Bankier Ludwig Wilhelm Zimmern (1811-1855), und ihren Kindern (Gotthold, * 1840; Adolf, * 1842; Sigmund, * 1843; Fritz, * 1846; Lina, * 1848) lebte. Sophie Zimmern nahm regen Anteil am Geistesleben im Umfeld der Heidelberger Universität, stand in Verbindung mit Literaten wie Ernst Moritz Arndt, Ludwig Börne, Clemens Brentano, Gustav Freytag, Emanuel Geibel und Ludwig Uhland, aber auch mit dem Pädagogen Friedrich Fröbel, und sie war befreundet mit Henriette Feuerbach (1812-1892), der Stiefmutter des Malers Anselm Feuerbach (1829-1880). 1847 schloss S. sein Studium mit der Promotion in Heidelberg ab. In seiner Dissertation „Paralyseos haemorrhagicae nervi oculomotorii in infante observatus casus rarissimus“ (Äußerst seltener Fall einer durch Blutung ausgelösten Lähmung des Augenbewegungsnervs bei einem Kinde, 1847) befasste er sich mit einem Fall aus dem Dr. Christ’schen Kinderhospital in Ffm., das sein Vater Salomon Friedrich S. aufgebaut hatte und seit der Eröffnung 1845 leitete.
Am 21.10.1847 Zulassung als praktischer Arzt in Ffm. Beginn mit einer kleinen Praxis in der Töngesgasse 35 (später: 47) und Mitarbeit am Kinderhospital. 1848 mehrmonatiger Studienaufenthalt in Wien und Prag. Am 14.9.1848 zusätzliche Zulassung als Chirurg und Geburtshelfer in Ffm. und Eröffnung einer Praxis in der Liebfrauenstraße 47. Seit 29.9.1848 Eskadronsarzt der freiwilligen Stadtwehr-Reiterei von Ffm. Im Sommer 1849 Teilnahme als Feldarzt (zuletzt 2. Bataillonsarzt) am badischen Feldzug. Etwa Mitte/Ende August 1849 Rückkehr nach Ffm. und in seine Praxis, die während seiner rund zweimonatigen Abwesenheit von seinem Vater mitversorgt worden war. Von November 1849 bis Mai 1850 Reise nach Malta, Neapel, Rom und Florenz als ärztlicher Begleiter des Kaufmanns Enoch Reiß (1802-1885), der wegen eines Asthmaleidens auf Empfehlung von seinem Arzt, S.s Vater, den Winter in einem südlichen Klima verbringen sollte. Dieser erste Aufenthalt in Italien beeindruckte den jungen S. tief, und er selbst schrieb, dass die Begegnung mit der Kunst der Antike und der Malerei der vergangenen Jahrhunderte eine „totale geistige Umwälzung“ bei ihm bewirkt habe (zit. nach Schultz: Dr. med. Fritz Stiebel 1990, S. 105). In Neapel traf er am 8.3.1850 Adelheid von Rothschild (1800-1853), die Ehefrau von Carl Mayer von Rothschild, der die dortige Dependance des Ffter Bankhauses leitete; die Bankiersgattin überreichte dem Arzt aus Ffm. eine Spende von 20 Napoleon für das Dr. Christ’sche Kinderhospital und schenkte ihm ein aus Korallen gefertigtes Schreibnecessaire zum Andenken. Anfang Mai 1850 trennte sich S. in Vevey von der Familie Reiß, um nach Paris zu reisen. Zur Weiterbildung verbrachte er dort den Sommer 1850, zusammen mit zwei Studienfreunden aus Heidelberg, die beide aus Ffm. stammten, Friedrich Erich Kellner (1822-1863; seit 1851 niedergelassener Arzt in Ffm., später Armenarzt und Arzt am Waisenhaus) und Johann Friedrich, gen. Fritz, Funck (1803-1867; zunächst Leibarzt des Lord Douglas in England, seit 1866 Arzt und Chirurg an der Armenklinik in Ffm.).
Seit Herbst 1850 als Assistenzarzt am Dr. Christ’schen Kinderhospital beschäftigt, übernahm S. 1853 als Chefarzt die Leitung des Kinderkrankenhauses und der neu (seit 1.1.1853) damit verbundenen Entbindungsanstalt von seinem Vater Salomon Friedrich S., der jedoch bis zu seinem Tod 1868 Vorsitzender der für die Klinik zuständigen Stiftungsadministration blieb. Das Ffter Kinderhospital, in dem etwa 40 bis 50 Kinder stationär behandelt werden konnten, genoss schon bald nach seiner Eröffnung einen überregionalen Ruf und wurde deshalb auch von interessierten Gästen (und möglichen Förderern) besichtigt. So berichtet S. in einem Brief an seine Schwester vom 9.11.1852, dass an diesem Tag Armgart (1821-1880) und Gisela von Arnim (1827-1889) das Kinderhospital besucht hätten, und am nächsten Abend würde er Armgarts und Giselas Mutter Bettine von Arnim bei deren Neffen Louis Brentano (1811-1895) kennenlernen. Das Entbindungshaus, das durch die „von Mühlen’sche Stiftung“ in Höhe von 20.000 Gulden aus dem Vermächtnis von Henriette Charlotte Freifrau von Mühlen, geb. von Lersner (1770-1853), ermöglicht worden war und nach dem Willen der Stifterin zunächst nur verheirateten christlichen Bürgerfrauen offenstand, konnte durch eine Schenkung von Jacques Reiß (S.s Schwiegervater) 1858 weiter ausgebaut werden: Reiß stiftete 2.000 Gulden mit der Auflage, dass das Entbindungshaus künftig verheiratete Frauen ohne Unterschied des Glaubensbekenntnisses aufnehmen sollte. Beide Stiftungen wurden als „Dr. Christ’sche Entbindungsanstalt“ zusammengelegt.
Als Nachfolger seines verstorbenen Vaters Salomon Friedrich S. führte S. seit 1868 den Vorsitz in der Stiftungsadministration des Dr. Christ’schen Kinderhospitals, womit er zugleich die ärztliche Leitung der Klinik satzungsgemäß abgeben musste; neuer Chefarzt wurde 1869 Carl Lorey (1840-1888). S.s Ehefrau Marie übernahm ab 1870 das Amt einer der beiden Schutzfrauen, die die Oberaufsicht über den hauswirtschaftlichen Betrieb des Krankenhauses führten; Marie S. war bis zu ihrem Tod 1897 als Schutzfrau für das Kinderhospital tätig, und später übten dieses Ehrenamt auch ihre Töchter Paula S. (1902-12) und Sophie Lindheimer (1912-16) aus.
Unter der Administration von Fritz S. wurde das Dr. Christ’sche Kinderhospital – trotz zeitweise stagnierender und sogar rückgängiger Spendeneingänge – baulich wesentlich erweitert, u. a. durch die Einrichtung einer Isolierstation (1879), dann eines eigenen Isolierhauses (1888), den Neubau des Entbindungshauses, in dem zugleich eine Rekonvaleszentenstation für Kinder untergebracht wurde (1894; ermöglicht aufgrund einer Spende von 30.000 Gulden von Raphael Strauß aus dem Jahr 1868) und den Neubau eines Kinderhospitals an einem zweiten Standort, in der Forsthausstraße (seit 1919: Hans-Thoma-Straße) 18-20 in Sachsenhausen (1899; finanziert durch die Otto und Evelyn von Neufville’sche Stiftung, bestehend aus einem Kapital von 100.000 Mark und dem Bauplatz, 1897). Die Isolierstation, die zunächst durch Aufstockung eines Seitengebäudes geschaffen worden war und wenige Jahre später einen eigenen Bau bekommen hatte, wurde auch angesichts des rasanten Anstiegs der Aufnahmezahlen von Patienten mit Diphtherie ab 1875 eingerichtet. Während der Epidemie von 1890 bis 1894 wurden im Dr. Christ’schen Kinderhospital insgesamt 1.476 Diphtherie-Patienten behandelt. Relativ früh, ab dem 1.10.1894, setzte das Ffter Kinderkrankenhaus auf Initiative des Arztes Alexander Glöckler (1843-1908) das von Emil Behring (1854-1917) entwickelte Heilserum gegen Diphtherie ein, wodurch die Sterblichkeit deutlich gesenkt werden konnte (von 35,5 % auf 10,1 %).
Bereits zum Jahresende 1888 hatte S. seine ärztliche Praxis an seinen Neffen Sigmund Zimmern (1843-1907) übergeben, der im folgenden Jahr auch Chefarzt am Dr. Christ’schen Kinderhospital wurde und dort überwiegend die Entbindungsanstalt betreute. Den Vorsitz in der Stiftungsadministration des Kinderkrankenhauses behielt S. bis zu seinem Tod 1902.
S. und seine Frau Marie, Tochter des Bankiers Jacques Reiß und Nichte des Kaufmanns Enoch Reiß (den S. auf der Italienreise 1849/50 begleitet hatte), reisten gern und viel, u. a. in die Schweiz, nach Venedig und Mailand (Hochzeitsreise, 1853), nach Florenz und Genua (1856) sowie nach einer schweren Erkrankung Maries zu einem halbjährigen Genesungsaufenthalt in den Süden, über Paris und Nizza nach Neapel und Rom (1857/58). In Rom schlossen sie Bekanntschaft und teilweise Freundschaft mit vielen Künstlern, u. a. mit Otto Cornill, Heinrich Hasselhorst, Ludwig Passini und Reinhold Begas sowie Anselm Feuerbach, der Marie S. in Rom porträtierte (Februar/März 1858; in Familienbesitz).
Im Sommer 1858, wenige Monate nach ihrer Rückkehr aus Rom, zogen Fritz und Marie S. mit ihren Kindern aus ihrer bisherigen Wohnung in der Liebfrauenstraße 6 in das Haus am Untermainkai 9 (heute: 14; seit 1988 Teil des Jüdischen Museums), das, erbaut von 1819 bis 1821 von Johann Friedrich Christian Hess und erworben 1823 von dem Bankier Simon Moritz von Bethmann, Maries Vater Jacques Reiß kurz zuvor gekauft hatte; dort im Parterre hatte S. künftig auch seine Arztpraxis. Im Saal des Hauses am Untermainkai veranstaltete das Ehepaar S. ab 1860 offene Montagabende, bei denen sich bildende Künstler, Architekten und Literaten zwanglos, ohne Kleiderordnung und bei einem einfachen Essen, zum Austausch im persönlichen Gespräch treffen konnten. Zu den Gästen bei den Montagabenden im Hause S. gehörten Heinrich Burnitz, Peter Burnitz, Johannes Classen, Otto Cornill, Theodor Creizenach, Franz Joseph Denzinger, Johannes Dielmann, Otto Donner-von Richter, Anselm Feuerbach, Karl Gutzkow, „die Hallensteins“ (wahrscheinlich der Schauspieler und Bühnenschriftsteller Adolph Hallenstein mit seinen Söhnen Conrad Adolph Hallenstein, Schauspieler, und Ernst Jacob Hallenstein, Architekt), Julius Hamel, Heinrich Hasselhorst, Albert Hendschel, Wilhelm Jordan, Eugen Klimsch, Friedrich Kreyssig, Gerhard Malß, Victor Müller, August von Nordheim, Hermann Presber, Carl Rumpf, Philipp Rumpf, Friedrich Schierholz, Eduard Schmidt von der Launitz, Otto Scholderer, Wilhelm Steinhausen, Hans Thoma, Carl Vogt, Heinrich Weismann u. a. Den Schriftsteller Friedrich Stoltze betreute S. als dessen Hausarzt.
S. war selbst zeichnerisch talentiert, hatte um 1847 sogar Zeichenunterricht bei Fritz Bamberger in Ffm. genommen und fertigte – außer den für die wissenschaftliche Arbeit notwendigen Zeichnungen mikroskopischer Präparate – auch kleine künstlerische Arbeiten an, u. a. ein Kinderbild des Sohnes Carl (um 1859) und aquarellierte Skizzen von seinen Reisen. Er war Mitglied und zeitweise Vorsitzender des Ffter Kunstvereins, förderndes Mitglied der Ffter Künstlergesellschaft sowie seit der Gründung 1899 bis kurz vor seinem Tod 1902 Mitglied des Städelschen Museums-Vereins. Nicht nur aus dem Kreis der Montagabendgesellschaften förderte S. einige Ffter Künstler, bei denen er Werke in Auftrag gab, u. a. ein Bildnis des Sohnes Carl von Otto Scholderer (1859; im Städel Museum), ein Porträt der Tochter Sophie von Victor Müller (1863; im Museum Stiftung Oskar Reinhart in Winterthur/Schweiz), ein Gemälde S.s selbst von Victor Müller (1863; im Besitz des Städelschen Museums-Vereins), ein Bildnis der Tochter Paula von Heinrich Hasselhorst (um 1868; in Privatbesitz) und ein Ölgemälde „Begegnung im Walde“ von Anton Burger (1882; als Dauerleihgabe im Museum Giersch). Die beiden Gemälde „Ritter Hartmut von Kronberg nimmt Abschied von seiner Familie“ und „Ritter Hartmut von Kronberg im Gespräch mit Oecolampadius in Basel“ von Victor Müller (1866/67) aus dem Nachlass seines Schwiegervaters Jacques Reiß vermachte S. testamentarisch dem Städelschen Kunstinstitut.
Seit 1849 Mitglied der SNG. 1852/53 deren Zweiter, 1863/64 deren Erster Sekretär. S. war Abteilungsleiter für die Sektion Insekten und stellte seine entomologische Sammlung („Käfersammlung“) dem Senckenbergmuseum zur Verfügung. Seit 1853 Mitglied im Ärztlichen Verein. Auf sozialem Gebiet engagierte sich S. zusammen mit seinem Freund Carl Mettenheimer und seinem Vater Salomon Friedrich S. für die Gründung von Kinderkrippen, so dass 1853 die erste Einrichtung dieser Art in Ffm. (in der Seilerstraße 19) und 1862 eine zweite (in Sachsenhausen) eröffnet werden konnten. Er war Vorsitzender des Vereins für Kinderkrippen sowie Initiator (1869/70) und Vorsitzender eines von 1871 bis 1875 bestehenden Vereins zum Schutz der Haltekinder (Kost- bzw. Pflegekinder). Seit 1859 korrespondierendes Mitglied der Société Médico-Pratique de Paris. Mitglied der Zoologischen Gesellschaft, zeitweise (1860-69) als Mitglied der Verwaltung des Zoologischen Gartens, und anschließend Mitglied der Neuen Zoologischen Gesellschaft, deren Verwaltungsrat er seit der Gründung 1872 bis 1899 angehörte. Mitglied der Ffter Casino-Gesellschaft.
Nach dem Tod seines Schwiegervaters Jacques Reiß 1887 verwaltete S. dessen Nachlass und verkaufte dessen Villa Schönbusch in Kronberg 1888 an die Kaiserin Friedrich, die auf dem Gelände ihren Witwensitz errichten ließ; aus dem Erlös erwarb die Familie S. einen eigenen Sommersitz in Kronberg (Villa S. in der heutigen Hainstraße 10, 1888, erweitert um das Nachbargrundstück in der heutigen Hainstraße 12, 1897). R. folgte dem Schwiegervater im Vorstand der Kronberger Eisenbahngesellschaft nach und übernahm dessen Sitz in der „AG für Spinnerei und Weberei“ (liquidiert 1902) auf der Hohemark.
S. veröffentlichte einzelne medizinische Schriften („Über das Verhältnis der Gekrösdrüsen im kindlichen Alter und ihre Beziehung zur Atrophie im ersten Lebensjahre“, 1854, sowie Beiträge im „Journal für Kinderkrankheiten“) und verfasste seit 1868 die Jahresberichte des Dr. Christ’schen Kinderhospitals, wofür er auch einen ausführlichen Nachruf auf den Vater Salomon Friedrich S. („Des alten Stiebel Leben und Wirken“, 1868) schrieb. Nach dem Vorbild des Vaters fügte er der Berichterstattung über das Kinderkrankenhaus bis 1879 allgemein verständliche Abhandlungen zur Gesundheitserziehung und Krankenpflege von Kindern bei, die sich an Ärzte, Eltern und Erzieher richteten. So schrieb er einen „Versuch zur Verminderung der Kindersterblichkeit im ersten Lebensjahr“ und forderte darin den erwähnten Verein zur Überwachung der Kostkinder (1869); außerdem informierte S. etwa über „Das Zahnen“ (1871), gab Anleitungen zur Pflege von Kindern bei fieberhaften Erkrankungen (1873) und kritisierte die „Klavierspielsucht“ und die damit häufig verbundene Überforderung unbegabter Kinder durch ehrgeizige Eltern (1879).
Wie sein Vater war auch Fritz S. ein leidenschaftlicher Gelegenheitsdichter. Er schrieb gerne Puppenspiele („Borzenellestücke“), von denen drei (das Zauberspiel „Prinz Zerbino“, die Komödie „Der Katzenschwanz“ und die Tragödie „Das Biribi“) als Sammelband erschienen („Repertoir des Deutschen Puppentheaters für grosse und kleine Kinder“, 1861, 2. Aufl. in überarb. Fassung 1887). Im Ffter Dialekt verfasste er das Lustspiel „Des Boppeschänkelche“ (Zeitbild in einem Akt, das angeblich eine Episode aus Goethes Leben im Jahr 1763 zeigt), das u. a. bei dem Wohltätigkeitsfest „Altfrankfurter Tage“ 1896 aufgeführt wurde. Für das aus demselben Anlass erschienene Erinnerungsblatt der „Ffter Krebbel-Zeitung“ von 1896 lieferte er ebenfalls einen Beitrag, das satirische Gedicht „Der Geethe un des Zeitmanns-Eck“, das in einer Sommernacht 1895 vor dem Goethedenkmal spielt und einen zeitgenössischen Bauskandal am Roßmarkt kommentiert. Vier gern gesungene Lieder, die S. zu geselligen Versammlungen im Kollegenkreis geschrieben hatte, fanden Aufnahme im „Grünborn“, dem Liederbuch der Ffter Ärzte, das zum 50. Stiftungsfest des Ärztlichen Vereins 1895 erschien. S.s Nachkommen gaben seine „Gedichte, Festspiele und Lieder, gesammelt für Kinder und Enkel“ in einem Buch heraus („Erinnerungen an Dr. med. Fritz S.“, 1906).
Verfasser von „Jugenderinnerungen eines alten Frankfurters“, die als Broschüre zugunsten notleidender Ffter Künstler anlässlich des Fests „Altfrankfurter Tage“ verkauft wurden (1896).
S. bekam die vom badischen Großherzog vergebene Gedächtnismedaille zur Anerkennung der Verdienste der eingerückten verbündeten Truppen bei der Niederwerfung des Badischen Aufstands (1849) und das vom Ffter Senat gestiftete Felddienstzeichen zur Erinnerung an die Feldzüge des Linienmilitärs 1848/49 (1854) verliehen. 1872 erhielten Fritz und Marie S. die vom Kaiser gestiftete „Kriegs-Denkmünze von Stahl am Nicht-Combattanten-Bande“ für ihren freiwilligen Einsatz bei der Pflege Verwundeter und Kranker im Krieg von 1870/71.
Weitere Porträts: Pastellporträt (von Nicolai Friedmann, um 1850) im Besitz der Landesärztekammer Hessen in Ffm.; Porträtgemälde (von Norbert Schrödl, 1902) in Privatbesitz; Porträtplakette (von Augusto Varnesi, nach 1902) im Besitz des HMF. Auch von der künstlerisch begabten Tochter Paula S. (1862-1912), Schülerin von Anton Burger in Kronberg, wurde S. porträtiert (Gemälde, um 1900; in Privatbesitz).
Familiengrabstätte Reiß-S. auf dem Ffter Hauptfriedhof (Gewann E an der Mauer 415-417).
Familiennachlass, darin u. a. persönliche Papiere und Korrespondenz von Fritz S., im ISG.

Artikel aus: Frankfurter Personenlexikon, verfasst von Sabine Hock.

Lexika: Bibliographie zur Geschichte der Ffter Juden 1781-1945. Hg. v. der Kommission zur Erforschung der Geschichte der Ffter Juden. Bearb. v. Hans-Otto Schembs mit Verwendung der Vorarbeiten von Ernst Loewy u. Rosel Andernacht. Ffm. 1978.Bibliogr. z. Gesch. d. Ffter Juden, S. 621. | Heuer, Renate (Bearb.): Bibliographia Judaica. Verzeichnis jüdischer Autoren deutscher Sprache. 4 Bde. Zunächst (für die Erstausgabe von Bd. 1) München, dann (für alle Bände) Ffm./New York 1981/82-96.Heuer: Bibliographia Judaica 3 (1988), S. 120. | Kallmorgen, Wilhelm: Siebenhundert Jahre Heilkunde in Ffm. Ffm. 1936. (Veröffentlichungen der Historischen Kommission der Stadt Ffm. XI).Kallmorgen, S. 423. | Richel, Arthur: Katalog der Abteilung Fft. [der Ffter Stadtbibliothek]. Bd. 2: Literatur zur Familien- und Personengeschichte. Ffm. 1929.Richel, S. 580. | Schrotzenberger, Robert: Francofurtensia. Aufzeichnungen zur Geschichte von Ffm. 2., vermehrte u. verbesserte Aufl. Ffm. 1884.Schrotzenberger, S. 243.
Literatur:
                        
Zur Erinnerung an das Wohlthätigkeitsfest Altfrankfurter Tage unter dem Protectorat Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin Friedrich zum Besten des Unterstützungsfonds der Ffter Künstlergesellschaft und des Cronberger Krankenhausvereins am 15., 16., 17. und 18. April 1896 im Saalbau zu Ffm. [Ffm. 1896.]Altfrankfurter Tage 1896, S. 11, 39, 51-53; vgl. auch S. 2, 5, 23, 46. | Arnsberg, Paul: Die Geschichte der Ffter Juden seit der Französischen Revolution. Hg. v. Kuratorium für Jüdische Geschichte e. V., Ffm. Bearb. u. vollendet durch Hans-Otto Schembs. 3 Bde. Darmstadt 1983.Arnsberg: Gesch. d. Ffter Juden 1983, Bd. III, S. 540. | Festschrift zum 150-jährigen Jubiläum des Clementine Kinderhospitals – Dr. Christ’sche Stiftung. 1845-1995. Hg.: Clementine Kinderhospital – Dr. Christ’sche Stiftung. Redaktion: Roland Wönne. Text: Otto Hövels, Ute Daub, Jürgen Dippell. [Ffm.] 1995.FS Clementine Kinderhospital 1995, S. 90-96 (Otto Hövels/Hans Jürgen Schultz); vgl. auch S. 29. | Hansert, Andreas: Geschichte des Städelschen Museums-Vereins Ffm. Hg. vom Vorstand des Städelschen Museums-Vereins. Ffm. 1994.Hansert: Städelscher Museums-Verein 1994, S. 49f.; vgl. auch S. 187, Nr. A039. | Jahresbericht über die Verwaltung des Medizinalwesens, die Krankenanstalten und die öffentlichen Gesundheitsverhältnisse der Stadt Ffm. Hg. v. d. Ärztlichen Verein. 48 Jahrgänge. Ffm. 1857 (1859) bis 1904 (1907).Nachruf von Sigmund Zimmern in: Jb. über die Verwaltung d. Medizinalwesens, die Krankenanstalten u. die öffentl. Gesundheitsverhältnisse d. Stadt Ffm. 46 (1902), S. 260-264. | Lehmann, Evelyn: Der Ffter Maler Victor Müller 1830-1871. Ffm. 1976.Lehmann: Victor Müller 1976, S. 168-172, 192-196, 354f. | Proelß, Johannes: Friedrich Stoltze. Ein Bürger aus Fft. Neu bearb. v. Günther Vogt. Ffm. 1978.Proelß/Vogt: Friedrich Stoltze 1978, S. 174, 219f., 260. | Schultz, Hans Jürgen: Dr. med. Fritz Stiebel. Ffter Arzt und Mäzen. Kronberg/Ts. [1990].Schultz: Dr. med. Fritz Stiebel 1990. | [Spieß, Alexander:] Die hygienischen Einrichtungen von Ffm. Mit Zugrundelegung der Herrn Geh. Sanitätsrath Dr. Varrentrapp im Jahre 1881 gewidmeten Festschrift: Ffm. in seinen hygienischen Verhältnissen und Einrichtungen. Bearb. unter Mitwirkung der Herren Stadtbauräthe Behnke und Lindley von Stadtarzt Dr. Spiess. Ffm. 1888.Spieß: Die hygienischen Einrichtungen von Ffm. 1888, S. 201-204 (Krippen- und Kostkinder-Wesen), hier S. 204. | Stiebel, F(riedrich): Jugenderinnerungen eines alten Frankfurters. Ein Beitrag zu dem Feste „Altfrankfurter Tage“. Ffm. [1896].Stiebel: Jugenderinnerungen eines alten Frankfurters 1896.
Quellen: ISG, Kirchen- bzw. Standesbücher: Heiratsbücher, Ffm., 1533-1848 bzw. 1849-1939.Eintrag der Heirat mit Maria Auguste Louise, gen. Marie, Reiß, 9.5.1853: ISG, Kirchen- bzw. Standesbücher: Heiratsbuch, Bestand STA 11/4: Standesamt Ffm., Heiratsregister (Trauungsbuch) 1853, S. 111. | ISG, Bestand Nachlässe (S1).Familiennachlass: ISG, S1/533. | ISG, Bestand Nachlässe (S1).ISG, S1/533 (Familiennachlass Stiebel), Nr. 8 (Urkunden, Dokumente, Personalpapiere von Fritz Stiebel, 1824-1902, u. a.). | ISG, Dokumentationsmappe in der Sammlung S2 (mit Kleinschriften, Zeitungsausschnitten und Nekrologen zu einzelnen Personen und Familien).ISG, S2/8.957.
Internet: Internetseiten der Familien-Schultz-Frentzel-Stiftung, Kronberg im Taunus. https://www.stiftung-schultz-frentzel.de/cms/die-vorfahren-ahnengalerie.html - https://www.stiftung-schultz-frentzel.de/cms/fritz-stiebel-und-die-frankfurter-maler.html - https://www.stiftung-schultz-frentzel.de/cms/stiftungsgeschichte.html - Familien-Schultz-Frentzel-Stiftung, 7.9.2020.

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Empfohlene Zitierweise: Hock, Sabine: Stiebel, Fritz. In: Frankfurter Personenlexikon (Onlineausgabe), https://frankfurter-personenlexikon.de/node/7939

Stand des Artikels: 2.10.2020
Erstmals erschienen in Monatslieferung: 09.2020.